Still und verlassen liegt das Diana-Tor da, seiner ursprünglichen Aufgabe beraubt. Schon lange legen hier keine festlich illuminierten Barken mehr an den blau-weiß geringelten Stangen an, und über die niedrigen Stufen des Eingangsportals der Villa Barbarigo schreiten keine Honorationen in prächtigen Gewändern. Der Zahn der Zeit knabbert an Säulen und Balustraden, an Statuen und Wappenschilden der Villa in Galzignano Terme in Venetien, eine knappe Autostunde südwestlich von Venedig.
Der Zauber des Vergänglichen liegt auch über dem kunstvoll angelegten Garten von Valsanzibio, der sich vor der Villa erstreckt, mit seinen Wasserläufen und Fischteichen, Fontänen und Brunnen.
Fluchtort für die Reichen
Laut seinem Planer, dem Vatikan-Architekten Luigi Bernini, soll der im 17. Jahrhundert angelegte Garten den spirituellen Weg des Menschen bis zu seiner Läuterung und Erlösung symbolisieren. Die Buchs-Hecke des Labyrinths ist noch heute akkurat gestutzt wie eh und je.
Die noble Villa mit dem kreisrunden "Springbrunnen der Verzückung" auf dem Vorplatz strahlt in zartem Rot und Gelb. Nur der Kanal, über den die Boote mit der erwartungsvollen Festgesellschaft einst schipperten, ist verschwunden. Im winzigen See zu Füßen des Diana-Tores tummeln sich jetzt Schildkröten und Reiher.
Wenn die Sommerhitze das Leben in der Lagunenstadt unerträglich machte, flüchtete die noble Gesellschaft in das grüne Hügelland, wo man sich feudale Landgüter auf riesigen Grundstücken errichten ließ. Bereits im späten 12. Jahrhundert war der Canale Battaglia ausgehoben worden. Er ist Teil eines umfangreichen Kanalsystems, das bis heute Venedig mit Padua verbindet.
Künstler und Kaufleute befuhren das Gewässer, wo sich Prachtbauten wie das Castello del Catajo mit seinen freskenverzierten Sälen oder die Villa Molin aufreihen. Noch immer sind die historischen Brücken, die alten Schleusen, die bunten, dem Kanal zugewandten Häuser von Battaglia Terme oder die Treidelpfade der Zugtiere zu sehen.
Heute rollen Radfahrerinnen und Radfahrer über die Dämme des schnurgeraden Kanals. Ihr Ziel: der gut 60 Kilometer lange "Ring der Euganeischen Hügel", der abgesehen von einem kurzen Anstieg am Monte Sereo ziemlich kräfteschonend um die Colli Euganei - wie die Hügel auf Italienisch heißen - herumführt. Wie überdimensionale Maulwurfshügel ragen die Euganeischen Hügel völlig unvermittelt aus der flachen Po-Ebene heraus. Vor 30 bis 40 Millionen Jahren erstreckte sich in dieser Gegend zwischen Alpen und Apennin eine Meeresbucht. Vulkanausbrüche erschütterten das Land, und nach jeder Eruption blieb ein Lavahügel zurück.
Selbst Wohlmeinende werden die kegelförmigen Erhebungen kaum als Berge bezeichnen - der Monte Venda mit seiner trockenen, sonnigen Südseite und der feuchteren Nordseite bringt es auf rund 600 Meter, seine Nachbarn geben sich bescheiden mit 200, 300 Meter zufrieden.
Eine endlose Spielwiese
Doch für Wanderer und Radfahrer ist der 1989 ausgewiesene "Parco Regionale dei Colli Euganei" eine endlose Spielwiese. Sie stiefeln zur ehemaligen Franziskaner-Einsiedelei Santa Domenica, von wo der Blick über die Po-Ebene schweift. Sie wagen sich an den 41 Kilometer langen Höhenweg mit seinen stattlichen 2000 Höhenmetern. Oder sie steigen zur Abwechslung aufs E-Bike, um die schmalen, kurvenreichen Straßen zwischen den Hügeln abzustrampeln.
Wer in die Euganeischen Hügel reist, hat oft sein körperliches Wohlbefinden im Sinn. Die heißen Heilquellen und der Mineralschlamm vulkanischen Ursprungs machen den Landstrich zu einem der größten Kurzentren Europas, mit Abano Terme und Montegrotto Terme als Aushängeschildern. Gesundheitsbewusste lassen sich hier heißen Fango-Matsch auf verspannte Muskeln und malträtierte Gelenke packen.
Eine Schönheit sind sie nicht, die beiden Schwestergemeinden Abano Terme und Montegrotto Terme. Nach dem Zweiten Weltkrieg schossen die Hotels hier wie Pilze aus dem Boden, meist ohne jeglichen architektonischen Anspruch. Weit mehr als 100 Hotels waren es zu den Hochzeiten, die dank staatlichen Kurwesens kaum Leerstand hatten.
Wer heute durch die Straßen von Abano und Montegrotto schlendert, blickt auf blätternden Putz, auf leere Fensterhöhlen und auf trostlose Hotelruinen inmitten wild wuchernder Vegetation. Auffälligstes Beispiel für den Niedergang: das Grand Hotel Orologio. Hier traf sich einst die feine Gesellschaft unter prunkvollen Kristalllüstern und wiegte sich im Walzertakt. Nun steht das Grand Hotel schon seit Jahren leer und vergammelt zusehends. Sein allenfalls morbider Charme - ein Kontrastprogramm zum Liebreiz der Colli Euganei. (dpa)
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