Jung und dynamisch sehen sie aus, fast immer Männer, gern auch sprachbegabte Studenten zur Aushilfe. Sie sind die Gesichter der unzähligen Prager Wechselstuben. Alles andere als auf den Mund gefallen, greifen sie rasch nach dem Geld, das die Touristen in der Hand halten, um es in tschechische Kronen zu tauschen. Dabei reden sie auf die Kunden ein, freuen sich mit ihnen über das schöne Wetter und erklären hilfreich den Weg zur Karlsbrücke. Die Touristen sind erfreut über so viel unerwarteten Service, verstauen ohne groß nachzuzählen die erworbenen tschechischen Geldscheine und ahnen nicht einmal, wie sie gerade dreist über den Tisch gezogen worden sind.
Sie kommen auch deshalb nicht darauf, weil sie von großen Aufschriften angezogen worden waren: "Null Provision". Vom aktuellen Kurs des Dollar oder des Euro zur Krone haben sie keine Ahnung. Und damit machen die Wechselstuben ein gewaltiges Geschäft. Wer sich der Mühe unterzieht, einen Vergleich der Wechselstuben anzustellen, die mitunter nur 50 Meter voneinander entfernt sind, ist einem Ohnmachtsanfall nahe. Ein Reporter des TV-Senders Seznam-Zprávy ging dieser Tage mit einem 100-Euro-Schein von Ort zu Ort und fragte, was er dafür in tschechischen Kronen bekomme. Die Spanne reichte von unverschämten 1 600 über immer noch dreiste 1 900 bis hin zu reellen 2 500 Kronen. Und gewöhnlich tauschen die Touristen weit größere Beträge.
Zwei Tarife
Das "Kleingedruckte" auf den ansonsten riesigen Aufstellern ist so winzig und ganz unten geschrieben, dass man es nur findet, wenn man sich zufällig beim Geldtausch den Schnürsenkel binden muss. Trotz der versprochenen "Null Provision" werden dort schon mal 28 Prozent "Bearbeitungsgebühr" einbehalten. Die jungen, dynamischen Betrüger achten übrigens genau darauf, dass sie es nicht versehentlich mit einem Einheimischen zu tun haben. Tschechen kennen die Kurse selbstverständlich. Die würden sofort Krach schlagen, wollte man ihnen 1 600 statt 2 500 Kronen andrehen.
In einer Radioreportage wurde ein Wechsler gefragt, weshalb er zwei verschiedene Kurse für Tschechen und Ausländer vorsieht. Der Wechsler versuchte erst zu leugnen, um später einzuräumen, dass "die Ausländer eh reicher" seien und nicht wirklich geschädigt würden. "Es trifft doch keine Armen." Den Satz kennt man auch von der Prager Taximafia. Dass die Polizei, die in der Nähe steht, nie eingreift, hat Gründe: Die Wechselstuben stehen zwar unter der Aufsicht der Nationalbank, stellen "ihre Kurse" aber selbst auf. Das dürfen sie. Sind die Scheine erst einmal gewechselt, gilt das Geschäft als abgeschlossen. Bisher jedenfalls.
Rechtzeitig vor Beginn der Hochsaison für Touristen hat nun aber die geschäftsführende Prager Regierung am Mittwoch ein erstes Zeichen gegen die freche Abzocke gesetzt: Den Kunden wird künftig ein zweistündiges Rücktrittsrecht vom Geldwechsel eingeräumt. Wenn man die Quittung vorweisen kann. Das gilt von Geschäften von bis zu 1000 Euro, um nicht eventuelle Abzocker wiederum unter den Tauschwilligen zu wecken.
Am besten am Automaten
Geht der Regierungsentwurf schnell durch beide Parlamentskammern, könnte er noch in diesem Sommer Gültigkeit bekommen. "Es ist kein Geheimnis, dass die Praktiken einiger Wechselstuben vor allem im Zentrum der Hauptstadt nicht gut für den Ruf Tschechiens sind", begründete Finanzministerin Alena Schillerová die Regierungsinitiative.
Das alles wäre unnötig, wenn sich die Touristen ihre Kronen per Karte an Geldautomaten seriöser Banken ziehen würden. Deren Kurs ist am Tageskurs der Nationalbank angelehnt. Die minimale Gebühr, die einem die Hausbank in der Heimat berechnet, ist nicht mit dem Verlust zu vergleichen, den man an den Wechselstuben erleiden kann. Teurer kann es werden, wenn man sich am Automaten die Umrechnung anzeigen lässt. Dieser Service ist gut und schön, ist aber kostenpflichtig und wird nicht gebraucht, weil die Banken verlässlich sauber arbeiten. In Großstädten wie Prag kann man zudem fast überall mit Karte zahlen, sollte sicherheitshalber aber vor allem in Restaurants vorher fragen. Die Tschechen kaufen fast nur so ein, zahlen per Karte auch kleinste Beträge.
![Achtung beim Geldtausch: In Prag werden Touristen gerne einmal über den Tisch gezogen Huber, Stephan [HS] (stephan.huber@oberpfalzmedien.de)](https://www.onetz.de/f/ic/Detailed/articlemedia/2018/06/04/d55dd739-35ca-44f7-8dca-8af8e3b606dc.jpg)












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