Das zähe Ringen der europäischen Staaten um gerettete Migranten im Mittelmeer geht in eine neue Runde. Die Regensburger Hilfsorganisation Sea-Eye nahm am Mittwoch 40 Migranten im Mittelmeer vor Libyen an Bord des Schiffs "Alan Kurdi" und fuhr am Abend in Richtung Lampedusa. Ihnen dürfte eine neue Hängepartie bevorstehen. Mehr als 110 Migranten, die tagelang an Bord eines Schiffs der italienischen Küstenwache ausharrten, können indes an Land gehen und sollen auf sechs EU-Staaten verteilt werden.
Den privaten Seenotrettern warf der italienische Innenminister Matteo Salvini eine "fortlaufende Provokation" vor. Anschließend untersagte er Sea-Eye die Einfahrt in die italienischen Hoheitsgewässer. Salvini ist für seinen rigorosen Anti-Migrationskurs bekannt und bekommt dafür große Zustimmung in Italien.
Lampedusa als sicherer Ort
Sea-Eye-Sprecher Gorden Isler erklärte, dass die italienische Insel Lampedusa der geografisch gesehen nächstgelegene sichere Ort für die "Alan Kurdi" sei. Das Schiff werde aber "nicht ohne triftigen Grund" unerlaubt in die italienischen Territorialgewässer fahren. An Bord seien auch zwei Frauen, ein Baby und zwei Kleinkinder, die mit den anderen Migranten auf einem Schlauchboot unterwegs waren. Sea-Eye hatte die Menschen in den frühen Morgenstunden entdeckt.
"Die Menschen sind glücklich, aber völlig erschöpft", erklärte Einsatzleiterin Barbara Held nach Angaben von Sea-Eye. Das Ärzteteam versorge eine Schwangere und zwei Migranten mit älteren Wunden. Die Geretteten hätten angegeben, in der Nacht aus der libyschen Stadt Tadschura östlich von Tripolis abgefahren zu sein. Zwei der Geretteten hätten erzählt, den Luftangriff auf ein Internierungslager in Tadschura erlebt zu haben. Anfang Juli kamen dabei mehr als 50 Migranten ums Leben.
Italien droht mit Strafen
Italien und Malta haben Hilfsorganisationen in der Vergangenheit immer wieder das Anlegen verwehrt. In Italien drohen ihnen Strafen, wenn sie unerlaubt in italienische Gewässer fahren.
Doch auch das Schiff der italienischen Küstenwache durften Dutzende gerettete Migranten nicht ohne weiteres verlassen. Die Regierung in Rom verlangte, wie in den vergangenen Monaten so oft, eine europäische Lösung für die vormals 135 Migranten. Vorab durften nur Minderjährige und eine Schwangere mit ihrer Familie an Land gehen.
"Problem gelöst", verkündete Salvini dann am Mittwoch. Deutschland, Portugal, Luxemburg, Frankreich und Irland hatten sich bereit erklärt, sich an der Aufnahme zu beteiligen. "Unser Land ist seinen Prinzipien treu: Verantwortung, Solidarität und europäische Kooperation", twitterte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron. Eine "beträchtliche Zahl" der Menschen bleibe in Italien, erklärte ein Sprecher der EU-Kommission. Salvini zufolge gehen sie in die Obhut kirchlicher Einrichtungen.
Keine langfristige Lösung in Sicht
In den vergangenen Monaten ist es quasi zur Regel geworden, dass gerettete Migranten erst in Italien an Land gehen dürfen, wenn sich andere Länder nach teils langwierigen Verhandlungen zu ihrer Aufnahme bereit erklären. Eine langfristige Lösung für die Verteilung von Bootsflüchtlingen ist nicht in Sicht. Der Vorfall mache wieder einmal klar, dass eine nachhaltige Regelung dringend notwendig sei, erklärte der Kommissionssprecher.
Ein neues Treffen zu dem Thema ist aber erst für Anfang September auf Malta geplant. Daran sollen Vertreter Deutschlands, Frankreichs und anderer Staaten teilnehmen, die zur Aufnahme der Geretteten bereit sind, aber auch aus Italien und Malta.
Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Eye hat zusammen mit 40 Migranten auch einen Nymphensittich vor der Küste Libyens gerettet. Der Vogel sei nun auch an Bord der «Alan Kurdi» und gehöre zu einer Familie mit drei kleinen Kindern, sagte der Sprecher der Regensburger Organisation, Gorden Isler, am Donnerstag. Sea-Eye werde die italienische Regierung auffordern, nicht nur 18 Menschen - unter ihnen 15 Minderjährige, zwei Eltern und eine Schwangere - an Land zu lassen. Auch der Nymphensittich «Jacques» müsse von Bord gehen dürfen.
Der Vogel sitze stets bei dem Familienvater aus Kamerun auf der Schulter und sei bisher nicht davongeflogen, weil er vermutlich auf die Familie fixiert sei, sagte Isler.
Die «Alan Kurdi» hatte die Migranten von einem Schlauchboot aus dem Mittelmeer gerettet und ist nun vor der italienischen Insel Lampedusa. Italiens Innenminister Matteo Salvini hat der Crew allerdings die Einfahrt in den Hafen verboten.
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