Auf der "Jazz is back in Town"-Bühne Musiker einer neuen Generation zwischen 30 und 40, lediglich Bassist Henning Sieverts ist mit 53 Senior der Gruppe. Im Gepäck stehen ausschließlich Kompositionen des Bandleaders Christian Elsässer, den man in erster Linie durch seine Arbeit mit den großen Jazz-Bigbands des NDR, WDR und HR kennt. Aber auch im Kleinformat ist seine Handschrift deutlich auszumachen. Die Stücke sind raffiniert arrangiert, sein klassisches Studium schwingt mit. Als Mitstreiter hat er gewichtige Repräsentanten der Szene gefunden. Niels Klein ist Professor für Jazz-Saxofon in Köln und leitet zusammen mit Jiggs Whigham seit 2015 das Bundesjazzorchester, die Schmiede für den Jazz-Nachwuchs in Deutschland.
Tim Collins, der gebürtige Amerikaner, lebt seit Jahren in München und gilt als „Weltklasse-Vibrafonist“ in der Tradition von Gary Burton. Am Kontrabass ist Henning Sieverts, der mit seinem kultivierten Spiel unzählige Aufnahmen der unterschiedlichsten Künstler veredelt hat. Benjamin der Gruppe ist Fabian Arends, der ebenfalls eine schillernde Vita aufweist.
Ein Unisono-Thema von Saxofon und Bass steht am Anfang. Dezent begleitet von Schlagzeug, dann klinken sich Klavier und Vibrafon ein und der Gruppensound entwickelt sich. Die Kompositionen sind brandneu und haben noch keine Namen, lediglich Arbeitstitel wie „Blues“ oder „Quintett #1“ müssen herhalten. Man spürt die Anspannung der Musiker, die sich im Verlauf des Abends zunehmend „frei“ spielen. Die Kompositionen sind oft noch recht akademisch und steif, in den solistischen Passagen aber gewinnt der Jazzer die Oberhand. Dann werden die Notenblätter zur Nebensache und die spontanen Einfälle stehen im Mittelpunkt.
Besonders interessant entwickeln sich die „Short Stories“, ursprünglich für Bigband geschrieben. Nun finden die Themen und Arrangements auf einem Notenblatt Platz, viel Freiraum für Improvisation. Jedes dieser Stücke hat ein eingängiges Motiv, mal balladesk, dann wieder groovend und swingend. Elsässer legt großen Wert auf unterschiedliche Klang-Kombinationen.
Da gibt es in einem wunderbaren Saxofon-Bass Duo Anklänge an Jimmy Giuffres legendäre „Western Suite“. Im Trio mit Klavier, Bass und Schlagzeug kommt vibrierende Gospel-Atmosphäre auf, ein spannender Dialog zwischen Vibrafon und Pauken mündet in einem freien Intermezzo, hier werden ausgetretene Pfade verlassen! Immer wieder gibt es natürlich auch Hommagen an die Klassik: Ein Kanon oder die Cello-Suite von J.S.Bach dienen als Ausgangspunkt für eigenständige Werke, weit entfernt von den populären „Play Bach“ Adaptionen eines Jacques Loussier.
Die Musiker sind alle Meister auf ihren Instrumenten. Vom Klavierhocker aus leitet Elsässer das Geschehen, gibt Zeichen für Einsätze, untermalt und koloriert. Nils Klein verfügt auf dem Tenorsaxofon über alle feinen Nuancen, mal zärtlich und gefühlvoll, dann explosiv und fordernd – natürlich alles ohne Verstärker! Tim Collins hat Gary Burtons Technik mit vier Schlägeln weiterentwickelt und zeigt ein erstaunliches Maß an Unabhängigkeit und ein feines Gespür für Melodien und Harmonien. Henning Sieverts überzeugt vor allem durch sein sicheres Spiel in den hohen Lagen, immer mal wieder auch mit dem Bogen. Fabian Arends unterstützt die Solisten durch sein dezentes und zurückhaltendes Spiel mit Besen und Becken, kurze Solopassagen werden geschmackvoll integriert.
Ein gelungener Start in die neue Saison der Konzertreihe „Jazz is back in Town“, die im Januar mit Paulo Morellos Gruppe „Sambop“ fortgesetzt wird!
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