Amberg
07.02.2020 - 12:49 Uhr

Musik-Römer jenseits des Limes

Das „Sestetto Stradivari dell' Accademia Nazionale di Santa Cecilia“ Rom war Gast in der Oberpfalz. Am Donnerstag spielten die Musiker bei der Konzertreihe der Stadt die Sextette op. 18 von Brahms und op. 70 von Tschaikowsky.

"Sestetto Stradivari" - von links David Romano, Marlène Prodigo, Raffaele Mallozzi, David Bursack, Sara Gentile, Diego Romano - überraschten mit ihrem ausgefallenen Programm im Stadttheater Amberg. Bild: Wolfgang Steinbacher
"Sestetto Stradivari" - von links David Romano, Marlène Prodigo, Raffaele Mallozzi, David Bursack, Sara Gentile, Diego Romano - überraschten mit ihrem ausgefallenen Programm im Stadttheater Amberg.

Die prominente Literatur für Streichsextett ist überschaubar: Sechs leichtgewichtigere Opera 23 von Boccherini (als Zugabe daraus ein delikates Menuett), die beiden Brahms-Werke op. 18 und 36, Schönbergs „Verklärte Nacht“, Strauss’ „Capriccio“, letztere drei freitags bei den Weidener Meisterkonzerten. Nicht unerwähnt sei das Sextett op. 118 des Genius Loci Max Reger.

Die Musiker starten ihr Amberger Recital mit dem 1. Sextett B-Dur des 27-jährigen Johannes Brahms. Sanglich, beschaulich, verhalten stellt Diego Romano mit sonorem und warmem Klang seines edlen Violoncello das erste Thema vor; dieser Einstieg erweist sich als Grundtendenz der Interpretation des „Sestetto“.

Biedermeierlicher Brahms

Das Herausarbeiten von blitzenden Akzenten und Impulsen, von faszinierenden Klang-Finessen, von jugendlich-hitziger Dramatik steht nicht im Vordergrund. Das musikalische Geschehen in den einzelnen Instrumenten läuft etwas nebeneinander her, die Interpretation kommt mehr nobel-distanziert denn emotional durchglüht über die Rampe. Die Andante-Variationen entwickeln mehr Intensität, der vokal-weiche Bogenansatz vermeidet, dass die vielen gebrochenen Akkorde zu hackig klingen. Mit freudigem Zugriff der Hornquinten-Anfang im Scherzo, markant beschleunigt das Trio. Im Lauf des wieder langsameren Rondos wollen sich die vielen kleinräumigen Motive nicht so recht zu einem von Spannung getragenen großen Zusammenhang verbinden.

Vielleicht ist das auch eine Folge der trockenen Wohnzimmer-Akustik des Theaters. Sie erweist sich wieder einmal nicht gerade als Streicher-freundlich, Klaviermusik klingt bekanntlich hervorragend. Bei der anstehenden Generalsanierung des Theaters sollte die Beteiligung eines Musik-erfahrenen Akustikers Pflicht sein!

Zündender Tschaikowsky

Tschaikowskys Sextett op. 70 scheint den souveränen Musikern mehr entgegen zu kommen; seine Gestaltung verlangt viel virtuose Spieltechnik. Schon den Eingangssatz packen sie mit musikantischem Impetus an, die voll und tenoral klingende Bratsche (Raffaele Mallozzi) darf sich profilieren. Mit sinnlich-süffigem Ton zelebriert Primarius David Romano das serenadenhafte Ständchen im Adagio. Im dritten Scherzo-artigen Satz wird anspruchsvollstes Springbogen-Können verlangt, die Musiker liefern es bravourös ab. Mit feinem Gespür für die russische geprägte Melodik, mit Glut und Leidenschaft führen sie das abschließende Allegro zum Höhepunkt des Konzerts.

 
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