Diesmal geht es um die hochinteressante Phase zwischen 1799 und 1801. In der Sonate B-Dur op. 22 zieht Beethoven ein Resümee der idealtypischen klassischen Sonate mit Sonatensatz, langsamem Liedsatz, dreiteiligem Menuett, Rondo und merkt hintersinnig an: „Diese Sonate hat sich gewaschen“. Herbert Schuch beleuchtet nicht die offensichtlich klassischen Elemente der Sonate. Er wählt als überzeugendere Alternative, die zukunftsweisenden Elemente hervorzuheben: Das Spiel mit Klangfarben, überraschenden Einbrüchen, plötzlichen Stimmungsschwankungen - romantische Elemente, die im späteren Œvre und in der Musik des 19. Jahrhunderts generell eine große Rolle spielen sollten.
Form-Experimente
In der Sonate As-Dur op. 26 (nach der Pause) hat sich ein tiefgreifender Wandel vollzogen: Ein Variationensatz zu Beginn, Scherzo, Marsch und als dramaturgisches Ziel ein Allegro. Atemberaubend gelingt Schuch der „Trauermarsch auf den Tod eines Helden“ in der abseitigen Tonart as-Moll, dieser wurde übrigens bei Beethovens Beerdigung gespielt. Ausgegoren ist das neue Konzept noch nicht: Die Gewichtigkeit eines Sonatensatzes fehlt, Schuch bleibt dennoch stand- und wahrhaft: Er versucht nicht, den letzten Satz pathetisch oder virtuos aufzublasen, um das Manko zu verschleiern.
Die Sonaten op. 27 haben den Untertitel „Quasi una Fantasia“. Am Klavier „fantasieren“ bedeutet improvisieren, damit verbunden ist die schon in Opus 26 erprobte neuartige Architektur. Schuch spielt nun rhythmisch (agogisch) freier, „quasi improvisando“, mit blühender Poetik, die Sätze gehen ineinander über und hier überzeugt das Konzept, das nun wieder gewichtigere Finale als Ziel zu erreichen: „Per aspera ad astra“ – über raue Pfade zu den Sternen.
Erleuchtung durch Mondlicht
Das Programm beschließt die mit Spannung erwartete „Mondschein-Sonate“ cis-Moll op. 27/2. Der Beiname stammt vom Poeten Ludwig Rellstab, zur neuartigen Satzfolge treten nun prägende außermusikalische Orientierungen wie vorher schon die Idee eines „Helden-Trauermarsches“. Hier sind es Assoziationen zu Natur und Nacht, ein zentrales Thema der heraufziehenden Romantik. Schuch findet treffende Pianissimo-Farben für die Nachtstimmungen, er spielt mit geradezu meditativer innerer Ruhe. Beim feurig-virtuosen Schlusssatz lässt er loderndes Feuer wie dämonisch flirrende Stimmungen aufleuchten. Begeisterung, als Zugabe die Bagatelle op. 126/6.
Das bestens besetzte Theater und die Besucher-Autokennzeichen aus Nord- und Südbayern zeigen die Achtung, die sich dieser Zyklus in Amberg erworben hat. Ignorant und alles andere als publikumsfreundlich, dass überlappende Konzerte um 16 in der Schulkirche und um 18 Uhr in Ammersricht angesetzt wurden.
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