15.08.2019 - 12:53 Uhr

Anlageberater vor Gericht: Wo ist die Million?

"Ich tat nur das Beste für meine Kunden", sagt ein 49-Jähriger aus dem Kreis Amberg-Sulzbach. Die Staatsanwältin sieht das allerdings anders. Der im Bekanntenkreis als "Finanzexperte" bekannte Mann steht nun vor Gericht.

1,1 Millionen Euro sind weg. Verschwunden in Spanien. Ein Anlageberater aus dem Landkreis-Sulzbach muss sich deshalb vor Gericht verantworten. Bild: Sven Hoppe, dpa
1,1 Millionen Euro sind weg. Verschwunden in Spanien. Ein Anlageberater aus dem Landkreis-Sulzbach muss sich deshalb vor Gericht verantworten.

Es geht um 1,1 Millionen Euro und die Frage: In welchen Kanälen verschwand dieser enorme Betrag, mit dem arglose Leute aus dem Raum Amberg-Sulzbach etwas für ihre Altersversorgung hätten tun wollen?

Vor dem Amberger Landgericht sitzt ein Anlageberater, der von sich behauptet: "Ich tat nur das Beste für meine Kunden." Doch der Verdacht einer Staatsanwältin ist, dass er nur das Beste für sich selbst wollte. Die nun zur Debatte stehenden Vorwürfe reichen teilweise um viele Jahre zurück. Deswegen könnte es durchaus sein, dass manche von ihnen womöglich verjährt sind.

Der 49-Jährige, studierter Volkswirtschaftler und nach eigenen Angaben immer schon dazu neigend, das Geld anderer gewinnbringend anzulegen, war im Bekanntenkreis als Finanzexperte bekannt. Deshalb suchten Leute Kontakt zu ihm. Darunter auch ein Ehepaar, das im Verlauf mehrerer Jahre 750 000 Euro in 22 einzelnen Tranchen aushändigte und darauf baute, "dass er alles sicher anlegt". Vorzugsweise in der britischen Pfund-Währung.

Dubioser Kontakt

Die Erste Strafkammer hörte nun vom Angeklagten eine Geschichte, die im Verlauf von zweieinhalb Stunden immer abenteuerliche Züge annahm. Rein zufällig will der heute 49-Jährige in Barcelona einen Juan Marquez kennengelernt haben. Ob es den wirklich gibt, weiß man nicht. Aber: Don Juan soll Unternehmen im Zwergstaat Andorra und in Spanien besessen haben.

Der Senor im feinen Zwirn pries angeblich Firmenbeteiligungen an. Sie schienen dem Anlageberater seriös und so will er dann, nach erfolgreichem Test mit eigenen Finanzmitteln, das Geld seiner Kundschaft an den Mann überwiesen haben. Ohne größere Verträge, nur gegen Quittungen. Diese Belege hat er ("Ein Fehler") angeblich vernichtet. Argument: Es hätte sich ja bei den insgesamt 1,1 Millionen um Schwarzgeld handeln können. Die Richter staunten.

Don Juan, der einst so Noble, soll sich dann als übler Geselle entpuppt haben. Die Erste Strafkammer hörte mit skeptischem Argwohn: Als irgendwann einer der Kunden 50 000 Euro zurückhaben wollte, zeigte sich Señor Juan angeblich hinhaltend. Da will der Anlageberater aus dem Kreis Amberg-Sulzbach selbst nach Barcelona gereist sein, um Klarheit zu schaffen und alle Verbindungen zu kündigen.

Nachspiel für Ehepaar

Die Antwort gab der Geldnehmer angeblich nicht selbst. Er schickte zwei mafiose Mitarbeiter, die den 49-Jährigen nach dessen Schilderungen mit einem Messer und ihre Fäusten in die Mangel nahmen. Rückflug nach Bayern. Das war's. Nicht ganz: Der 49-Jährige will später Privatermittler nach Spanien geschickt haben. Doch auch sie brachten nichts heraus.

1 136 000 Euro sind weg. Verschollen auf der iberischen Halbinsel. Sagt zumindest der Anlageberater. Doch Amberger Betrugsfahnder haben ermittelt, dass er zwischen 2008 und 2016 über 870 000 Euro für seinen Lebensstandard verbrauchte. "Gab es dafür ein Konto?", fragte die Vorsitzende Richterin Roswitha Stöber. Sie erfuhr: "Nein. Alles selbst erwirtschaftet, daheim und in einem Bankschließfach als Bargeld aufgehoben." Samt regelmäßiger Zuwendungen einer im Ausland lebenden Oma.

Für das um 750 000 Euro gebrachte Ehepaar ("Uns kam es weniger auf Rendite, als auf sichere Anlage an") hat die ganze Sache ein weiteres betrübliches Nachspiel. Der Fiskus will jetzt 150 000 Euro haben, es läuft ein Steuerstrafverfahren. Zahlen werden sie nicht können. Die Leute haben nichts mehr auf der hohen Kante. Und vom Anlageberater ("Ich tue alles für meine Kunden") kann keiner etwas holen. Der Prozess wird fortgesetzt.

 
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