Meinung: Antisemitisches Flugblatt – von wegen Jugendsünde

Bayern
27.08.2023 - 17:42 Uhr
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Ein antisemitisches Flugblatt sechs Wochen vor der Landtagswahl: Was das für Hubert Aiwanger bedeutet, kommentiert Frank Werner.

Kommentar von Frank Werner
Hubert Aiwanger verlässt am Sonntag das Jubiläum vom Rinderzuchtverband Franken in Ansbach.

Jugendsünde. Klingt harmlos. Nach Klingelputzen. Oder dem ersten Vollrausch. Das Verfassen oder auch das Verbreiten eines unfassbar judenfeindliches Textes gehört ganz sicher nicht dazu. So etwas macht man nicht. Schreibt man nicht. Denkt man nicht. Nicht mit 17 Jahren, auch nicht später. Niemals. Wer schon als Jugendlicher übelste Nazi-Parolen im Hirnkastl hat, der wird diese kaum später ablegen.

Natürlich ist beim Fall Hubert Aiwanger vieles offen. Der Bruder scheint als Autor des Pamphlets klar zu sein. Die Rolle des jungen Hubert dagegen ist weiter nebulös. Was sind die Folgen? Für den Wahlkampf insgesamt ist die Aufregung um den Freien-Wähler-Chef verheerend. Aiwanger bedient schon öfter ganz bewusst den rechten Rand, nicht erst seit seiner unsäglichen Rede in Erding ("Die schweigende Mehrheit muss sich die Demokratie zurückholen"). Für Markus Söder wird das Problem Aiwanger immer größer, hat er sich doch an seinen Stellvertreter als Ministerpräsident festgekettet. Eine Fortsetzung der Koalition nach der Landtagswahl am 8. Oktober scheint ausgemachte Sache.

Für die Anhänger des Lautsprechers aus Niederbayern sind die Schlagzeilen ohnehin eher eine Hetzjagd der verachteten "Lügenpresse", eine "Schmutzkampagne". Von ihnen hat Aiwanger kaum Gegenwind zu erwarten. Eher im Gegenteil: Die Opferrolle könnte dem "Hubsi" sogar ein paar Stimmen mehr bringen.

Allerdings ist Markus Söder ein knallharter Machtmensch. Er wird dem Wirbel um Aiwanger nicht lange zuschauen. Und sowieso egal, wie es ausgeht: Im Schulranzen eines Elftklässlers lag ein Papier, dessen Inhalt so abscheulich ist, dass es weh tut. Das tiefe Wunden aufreißt. Ob es 35 Jahre her ist, oder gestern.

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Kommentare

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Kalle Houa

Einem Aiwanger, der sich irgendwann dazu durchringen muss zuzugeben, dass er erst im "Erwachsenenalter kein Antisemit" mehr ist, traue ich nicht mehr über den Weg. Und so einen möchte ich auch nicht als stellvertretenden Ministerpräsidenten von Bayern haben!
Das hat nichts mit Jugendsünden zu tun, die man verzeihen kann. Für Verzeihen muss man dazu offen stehen. Aiwanger hat immer nur das zugegeben, was ihm sowieso schon nachgewiesen war. Kein Vorbild. Bei uns gab es in Weiden in den 80ern NIEMAND auf dem Gymnasium, der SO drauf war wie Aiwanger. In der tiefsten Provinz war so was auch damals nicht üblich oder hinnehmbar.

01.09.2023
Amberg in der Opf. ist schön.

Ich stimme dem Kommentar von Thomas Lammel zu 100% zu.

31.08.2023
Thomas Lammel

Eine Jugendsünde nach 35 Jahren wieder an die Öffentlichkeit zu zerren und das kurz vor den bayerischen Wahlen - ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Traurig finde ich, dass alle Medien auf den Zug der Süddeutschen Zeitung aufspringen und sich als Moralapostel aufspielen.
Wenn Herr Aiwanger wirklich so ein böser Nazi ist, wie Sie unterstellen, warum ist er dann nicht Mitglied bei der AFD oder der NPD?

30.08.2023
Birgit Höfer

Genau so ist es

31.08.2023