06.09.2021 - 14:49 Uhr

Ein bisschen Hippie-Idylle, ein bisschen Musikkollektiv

Sie vertreiben Solaranlagen, haben ein Gestüt und eine Sattlerei – und sind ganz nebenher auch noch eine Band namens Beowulf AG. Die Familie Thoma aus Freystadt im Kreis Neumarkt liebt und lebt das künstlerische Chaos.

Die Beowulf AG Bild: mfg
Die Beowulf AG

Es gibt viel Gelächter an diesem Vormittag in der Strippe. Auch Verwirrung lässt sich nicht ausschließen. Eine ordentliche Prise fröhlicher Anarchie sowieso nicht. Doch was will man erwarten von einem … nun ja… „Familenbetrieb“, der Beowulf-AG nun mal ist. Übrigens in mehrerlei Hinsicht.

An dieser Stelle jedenfalls der Versuch, zumindest halbwegs Durchblick ins wundervolle Chaos zu bringen. Beginnen wir mit den Teilnehmern an der Telefonkonferenz mit der Musik-Kommune, die selbst nicht recht weiß, wie viele Mitstreiter gerade aktuell an Bord sind. Da hätten wir den 65-jährigen Johann Gott (kein Pseudonym) von Thoma, welcher sich der Einfachheit halber gerne Hans nennen lässt. Dann die 38-Jährige Tochter Miriam. Und schließlich Patenkind Sofie, gerade mal 20.

Die Drei stehen Rede und Antwort für die Musik der Beowulf AG. Aber nicht nur das – „wir sind ja eine Familienklitsche, die Musik entsteht eher nebenher, einfach, weil wir jede Menge Spaß daran haben“, erklärt Hans. „Ansonsten bauen und vertreiben wir weltweit Solar-Anlagen. Dann gibt es auf unserem Anwesen noch ein Gestüt. Auch eine Sattlerei. Was man eben so macht, um sich zu beschäftigen.“

Zu Hause ist der Clan, der ziemlich an die Kelly Family erinnert, in der Oberpfälzer Gemeinde Freystadt (Kreis Neumarkt), in der knapp 10 000 Einwohner sesshaft sind, gelegen irgendwo zwischen Neumarkt und Nürnberg. „Einen idyllischeren Platz zum Leben kann ich mir nicht vorstellen“, schwärmt Miriam. „Ich wüsste nicht, wo ich besser mit der Natur in Einklang kommen könnte.“

Hippe-Idyll demnach? Nicht auszuschließen. Auch dann nicht, wenn man sich die Lieder des Kollektivs zu Gemüte führt, zumeist irgendwo zwischen musikalischen Vorbildern wie Ougenweide, Enya, Fairport Convention angesiedelt. Doch dann mogelt sich schon mal ein deftig-bairischer Rap-Song wie „Oarschloch“ ins Geschehen. „Für den bin ich zuständig“, gesteht Sofie, „ich habe damit persönlichen Kram verarbeitet. Hat gut getan.“

Zwei EPs sind mittlerweile in den Handel gekommen, „When Wolfes Play Music“ und „Spring“, englische und deutsche Texte gehen Hand in Hand. „Die Grundidee hinter all dem ist“, freut sich Hans, „dass Vertreter von drei Generationen zusammenkommen, im Anschluss so entspannt wie konzentriert Ideen austauschen und Musik machen, die gerade weil wir so unterschiedliche Vorlieben haben, am Ende doch die schwebende, luftige Einheit bilden. Villa Kunterbunt eben.“

Hans begründete 1968 eine Schüler-Band mit, die sich bald Beowulf nannte. „Wir haben 20 Jahre lang zusammen gespielt, im Durchschnitt 30 Konzerte im Jahr absolviert, vor zehn bis 1000 Zuschauern. Aber eine Platte haben wir nie auf die Reihe gekriegt. Deshalb hole ich diesen alten Traum jetzt mit meinem Clan nach. Aus purer Lust an Musik und Leben.“

Gemeinsames Komponieren ist zwar in der Regel kompliziert, gibt Hans zu. „Aber weil jeder von uns den kreativen – und menschlichen – Einsatz des anderen derart schätzt, kommen wir irgendwann irgendwie bei jedem Lied zusammen.“ Und Miriam ergänzt: „Wir sind ein basisdemokratischer Haufen. Der eigentlich große Unterdrückte ist mein Papa“, lacht sie laut in den Telefonhörer. „Irgendwie muss der arme Kerl dieses kreative Chaos in Schach halten, ohne uns dabei einzuschränken. Alles gar nicht so einfach.“

Große kommerzielle Erwartungshaltungen an die beiden Tonträger hegen die Mitstreiter der Beowulf AG nicht, erklärt Sofie: „Die Vermarktung läuft beinahe ausschließlich über die sozialen Medien. Deshalb bin auch ich als Küken dieses Betriebs für die PR zuständig. Das mag nach außen wie Chaos klingen, ist es wohl auch. Aber jede Menge positiven Spaß bringt die ganze Geschichte unbedingt.“

Texte entstehen ausschließlich von den drei Teilnehmern am Telefoninterview. „Das sind meist persönliche Erfahrungen, die einwirken“, erklärt Hans. „Man erklärt dem Gegenüber, worum es geht. Und dann wird gemeinsam am endgültigen Ergebnis gefeilt.“ Hans findet es „grandios, dass beim kollektiven Musizieren die recht unterschiedlich tickenden Generationen zusammenkommen“, freut er sich. „Dadurch entsteht ein immenses breites musikalisches Spektrum.“ Er hofft jetzt nur, dass es bald wieder möglich sein wird, den ganzen Stoff via Konzert ans geneigte Publikum zu transportieren, stöhnt er.

„Richtige Pläne kann man auf Grund der Pandemie ja nicht machen“, seufzt der sanfte Patriarch. „Aber wir proben viel. Wir stehen in den Startlöchern. Wir sind bereit, dem Virus live mit unser friedvollen Musik die Stirn zu bieten.“

Deutschland und die Welt03.09.2021
 
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