31.08.2018 - 11:55 Uhr

Böser Blues

Billy F. Gibbons ist seit 1969 Leadsänger und Gitarrist des Vorzeige-Bluestrios ZZ Top. "Aber ich kann auch ganz alleine", lacht er beim Gespräch, "obwohl kaum jemand den Unterschied zu meiner Band merkt."

Der Nachfolger des gefeierten Solo-Vorgängers „Perfectamundo“ von 2015, auf dem Gibbons neue Wege ging und verstärkt auf afro-kubanische Elemente gesetzt hatte, markiert eine Rückkehr zum Blues. Bild: Blain Clausen
Der Nachfolger des gefeierten Solo-Vorgängers „Perfectamundo“ von 2015, auf dem Gibbons neue Wege ging und verstärkt auf afro-kubanische Elemente gesetzt hatte, markiert eine Rückkehr zum Blues.

Dass dieser Mann am anderen Ende der Telefonleitung vor 68 Jahren in Houston, Texas geboren wurde: Keine Frage, wenn man sich diesem breiten, schwurbelnden US-Südstaaten-Slang stellt. Dass dieser Mann klassischer "Blues-Man" ist, der im Gespräch - selbstredend gemächlich - auf die existenziellen Fragen des Daseins eingeht, gerade weil seine Musik beinahe archaisch klingt, versteht sich von selbst. Und dass dieser Mann mit dem legendären Catweazle-Bart vom "Rolling Stone"-Magazin auf Rang 32 der "100 besten Gitarristen aller Zeiten" gewählt wurde, als Beweis dafür muss man sich nur sein aktuelles zweites Solo-Werk "The Big Bad Blues" (Universal) anhören.

Billy F Gibbons - Rollin' and Tumblin'

Dass dieser Mann am anderen Ende der Telefonleitung vor 68 Jahren in Houston, Texas geboren wurde: Keine Frage, wenn man sich diesem breiten, schwurbelnden US-Südstaaten-Slang stellt. Dass dieser Mann klassischer „Blues-Man“ ist, der im Gespräch – selbstredend gemächlich – auf die existenziellen Fragen des Daseins eingeht, gerade weil seine Musik beinahe archaisch klingt, versteht sich von selbst. Und dass dieser Mann mit dem legendären Catweazle-Bart vom „Rolling Stone“-Magazin auf Rang 32 der „100 besten Gitarristen aller Zeiten“ gewählt wurde, als Beweis dafür muss man sich nur sein aktuelles zweites Solo-Werk „The Big Bad Blues“ (Universal) anhören.

ONETZ: Warum ist diese eigentlich so schlichte Musikrichtung namens „Blues“ offensichtlich seit Ihrer Jugend Lebenselixier und Mass aller Dinge?

Billy Gibbons: Je länger du dich auf den Blues einlässt und ihm zuhörst, desto tiefere Antworten gibt er dir. Zunächst mal wirkt diese Musik extrem simpel. Aber genau in dieser Simplizität steckt – wenigstens für mich – so ziemlich die ganze Komplexität des Daseins per se. Das Leben ist eine überschaubare, schlichte Angelegenheit. Denkt man. Zur selben Zeit ist es ein Drama, da gibt es heißblütige Liebe, plötzlichen Tod, Fragen nach dem Sinn von Allem. Eigentlich ein Irrsinn. Und dann schnappst du dir als Musiker drei oder meinetwegen auch vier Griffe, klampfst als Gitarrist versonnen vor dich hin. Murmelst einige Worte dazu. Und mit einem Mal durchschaust du das komplette Universum. Deshalb bin ich ein „Blues-Man“! Ich erkläre mir all die Verrücktheit durch Lieder, versuche sie zu verstehen.

ONETZ: Was sind die Hauptunterschiede zwischen Ihrem aktuellen Soloalbum und einer Platte Ihrer Stamm-Combo ZZ Top?

Billy Gibbons: Derer gibt es nicht allzu viele. Vermutlich steckt da eine gewisse Portion Eitelkeit dahinter: Ich spiele ein klassisches ZZ Top-Werk ein. Aber am Ende des Tages steht mein Name auf dem Cover. (lacht) Ich wische meinen Kumpels ab und an gerne mal einen aus.
Gibt es zwischen Ihrem ersten Soloalbum „Perfectamundo“, das 2015 erschienen ist, und „The Big Bad Blues“ irgendwelche Gemeinsamkeiten?
Eher nicht! Vor drei Jahren war ich angefixt von kubanischem Sound. Endlich mal weg von purem Blues. So dachte ich wenigstens. Spielte diese Latino-Scheibe ein. Und dann hat er mich doch wieder zu sich zurückgeholt, „the big bad Blues“, dieser ewige Mistkerl in meinem Leben. Daher auch der Titel der CD.

ONETZ: Neben eigenen Stücken finden sich auf „The Big Bad Blues“ auch Coverversionen von Muddy Waters, Bo Diddley oder Jerome Green. Wie kam es dazu?

Billy Gibbons: Das war ein Unfall. Meine Studioband und ich, wir haben diese Songs eher zum Einstimmen und Aufwärmen gejammt. Wussten nicht, dass der Produzent die Dinger aufnimmt. Und als es zur endgültigen Auswahl der Lieder auf der Platte kam, meinte der – natürlich ganz wunderbare – Drecksack nur: „Hey, Jungs, ich habe da ein paar Stücke für euch, die unbedingt drauf müssen. Das Zeug bleibt, es ist große Klasse.“ Es handelte sich um diese Coverversionen. Mal ehrlich: Was willst du gegen einen wild gewordenen Produzenten groß unternehmen? (lacht)

ONETZ: Angeblich wollten Sie, zumindest laut Pressetext, mit „The Big Bad Blues“ Ihr Genre neu erfinden. Stimmt das?

Alles Blabla, völliger Quatsch – eine so im besten Sinne des Wortes anachronistische Institution wie den „Blues“ kann niemand revolutionieren. Was gut ist. Brauchen wir nicht ein paar Konstanten in unruhigen Zeiten? Na eben!

ONETZ: Wann beschlossen Sie, Ihre neue Solo-Produktion in Angriff zu nehmen?

Billy Gibbons: Darauf hatte ich keinen großen Einfluss. Es war der Präsident meiner Plattenfirma, der an mich heran trat und sagte: „Okay Billy, mach mal eine weitere Blues-Platte!“ Ich war überrascht von diesem Angebot, weil ich im Verlauf meiner Karriere kaum je etwas anderes als Blues-Platten gemacht hatte. Aber bitte, wer widerspricht seinem Vorgesetzten? (lacht)

ONETZ: Liebe und Sex sind Dauer-Stereotypen, die Blues-Texte durchziehen. Wie halten Sie es damit?

Billy Gibbons: Ich bin seit 2005 glücklich verheiratet, deshalb muss ich mich bei der Antwort auf diese Frage ein wenig zurückhalten. Zudem hat meine Frau Gilligan mit „Missin’ Yo’ Kissin’“ einen Song zum Album beigesteuert, sehr romantisch. Scheint, diese Lady küsst mich trotz meines Zauselbartes gerne. (lacht) Unabhängig davon ist das Geheimnis von Blues-Lyrics, dass sie voll im Saft stehen, es geht darin unglaublich viel um Anzügliches. Ohne deshalb allzu direkt zu werden. Das finde ich sehr spannend.

ONETZ: Wie geht es weiter mit ZZ Top?

Billy Gibbons: Nächstes Jahr werde ich 70. Nächstes Jahr wir die Band 50. Zwei Anlässe, zu denen ich mir beziehungsweise wir uns etwas einfallen lassen müssen. Das werden wir tun. Lasst euch einfach überraschen!

 
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