Die Fahnen und Banner flatterten im kräftigen Wind, als sich der Gedenkzug für die Opfer des Nationalsozialismus am Dienstagabend in Bewegung setzte. Mehrere 100 Teilnehmer, darunter etliche Stadträte und Landtagsabgeordnete, Vertreter der Kirchen, Gewerkschaften und anderer Gruppierungen zogen von Stadtamhof bis zum Dachauplatz.
Bürgermeister Jürgen Huber (Grüne) freute sich, dass Menschen aus verschiedenen Teilen der Stadtgesellschaft zusammengekommen waren. "Die Vielfalt und die Einheit sind der Schlüssel für eine friedliche und glückliche Gesellschaft", sagte er, bevor sich der Gedenkzug in Bewegung setze. Hass, Ausgrenzung und Gewalt würden wieder zunehmen. Statt den hier angekommenen Geflüchteten Hilfe anzubieten würden einige lieber Verschwörungstheorien glauben. Auch der Antisemitismus halte wieder Einzug. "Diese Entwicklung ist für ein Land mit unserer Geschichte armselig", stellte Huber klar. "Wir dürfen nicht resignieren und zulassen, dass der Hass den Ton in der Gesellschaft bestimmt", appellierte er an die Teilnehmer. Es müsse klar werden, dass Deutschland aus seiner Geschichte gelernt hat.
Ausgangspunkt des Gedenkwegs, an dem auch Regierungspräsident Axel Bartelt teilnahm, war das Colosseum in Stadtamhof. Hier war in den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges ein Außenlager des KZ Flossenbürg eingerichtet worden. Von 19. März bis 23. April 1945 waren in dem Haus 460 männliche Häftlinge aus ganz Europa untergebracht - unter katastrophalen Lebensbedingungen. Unter strengster Bewachung mussten sie täglich zwölf Stunden Bombenschäden an Gleisanlagen der Reichsbahn beseitigen.
In den fünf Wochen, in denen das Außenlager bestand, starben viele Gefangene. Ihre Namen standen auf einem langen Transparent, das Teilnehmer des Gedenkzugs mit sich trugen. "Wir geben den Toten ihre Namen und damit ihre Würde zurück, die man ihnen nehmen wollte, indem man ihnen eine Nummer einbrannte", sagte Hans Simon-Pelanda, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft ehemaliges KZ Flossenbürg. Pelanda gab zu bedenken, dass die grausamen Verbrechen möglich waren, weil viele Bürger eine menschenverachtende Stimmung toleriert hätten.
Der Gedenkweg führte über die Steinerne Brücke zum Dom, wo Generalvikar Michael Fuchs an die Opfer des Nationalsozialismus erinnerte. Unter anderem sprach er über die Rolle des Dompredigers Johann Maier, der verhaftet und öffentlich hingerichtet wurde, weil er kurz vor Kriegsende an einer Versammlung teilnahm, die sich für die kampflose Übergabe Regensburgs an die US-Soldaten aussprach. Maier habe ein Zeugnis für Frieden, Freiheit und christlichen Bekennermut abgelegt.
Dekan Eckhard Herrmann sprach vor dem Westportal des Doms ein Gebet. Weiter ging es über den Neupfarrplatz zur neu errichteten Synagoge, wo Rabbiner Chaim Bloch das Wort ergriff. Er bezeichnete die Synagoge, die vor kurzem feierlich eröffnet worden war, als "Denkmal des Nichtvergessens". Eine frühere Synagoge war am gleichen Standort in der Reichspogromnacht 1938 zerstört worden.











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