Update 09.10.2025 - 18:41 Uhr

Erste Phase eines Gaza-Deals steht - wie geht es nun weiter?

Die Geisel-Familien können auf ein Wiedersehen mit ihren Angehörigen hoffen, die Menschen in Gaza auf ein Ende der Angriffe und Kämpfe. Was die Einigung zwischen Israel und der Hamas vorsieht.

Schon bald sollen im Rahmen eines Gaza-Deals die von Islamisten festgehaltenen Geiseln freikommen. Bild: Ohad Zwigenberg/AP/dpa
Schon bald sollen im Rahmen eines Gaza-Deals die von Islamisten festgehaltenen Geiseln freikommen.

Die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas über einen Teil des von US-Präsident Donald Trump vorgestellten Friedensplans haben einen Durchbruch erzielt. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und die Hamas bestätigten eine Einigung auf die erste Phase des Plans, der den Weg zu einem Ende des Gaza-Kriegs ebnen soll. Neben den USA waren Katar, Ägypten und die Türkei an den Verhandlungen beteiligt.

Was wurde vereinbart? 

Zunächst sollen die in den Gazastreifen verschleppten Geiseln freigelassen werden. Dafür soll Israel seine Truppen auf eine vereinbarte Linie zurückziehen. Im Gazastreifen befinden sich noch 48 Geiseln, von denen nach israelischen Informationen noch 20 am Leben sind. 

Israel soll im Gegenzug rund 250 zu lebenslanger Haft verurteilte palästinensische Häftlinge sowie etwa 1.700 nach dem 7. Oktober 2023 Inhaftierte freilassen. Die Hamas teilte mit, die Vereinbarung sehe auch ein Ende der Kampfhandlungen im Gazastreifen vor. 

Nach Angaben eines israelischen Regierungssprechers kommt der prominenteste palästinensische Häftling in Israel, Marwan Barghuti, nicht frei. Demnach sind auch die Leichen des getöteten Hamas-Anführers Jihia al-Sinwar und die seines Bruders und Hamas-Militärchefs, Mohammed al-Sinwar, nicht Teil des Abkommens. Die Hamas hatte laut Verhandlungskreisen gefordert, dass Barghuti aus der Führungsebene der Fatah-Bewegung aus dem Gefängnis kommt. Er wurde 2004 wegen fünffachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Die USA hatten betont, dass die Geiselfreilassung absolute Priorität habe. In einer zweiten Phase von Verhandlungen sollen Bedingungen geschaffen werden, die einen Frieden langfristig sichern. So ist ein vollständiger Rückzug der israelischen Soldaten aus Gaza, den die Hamas fordert, laut Trumps Plan erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen, wenn eine internationale Stabilisierungstruppe (ISF) für Sicherheit vor Ort sorgt. Auch um eine Entwaffnung der Hamas wird es zu einem späteren Zeitpunkt gehen. 

Was ist unklar?

Wann genau die Geiseln in den kommenden Tagen freigelassen werden - und ob es wirklich alle auf einmal sein und auch die sterblichen Überreste der Geiseln, die nicht überlebt haben, an Israel übergeben werden. 

Offen ist auch, welche palästinensischen Häftlinge Israel für die Geiseln freilässt. Auch dies war ein Streitpunkt in den Verhandlungen in Ägypten.

Die Hamas erklärte sich kürzlich damit einverstanden, dass der Gazastreifen nach Kriegsende zunächst von einer Übergangsregierung palästinensischer Technokraten unter Aufsicht eines internationalen Gremiums regiert werde. Es ist aber unklar, ob sie damit auch der Forderung von Trumps Friedensplan zustimmte, dass sie selbst dabei keine Rolle spielen darf. Diese Frage dürfte aber auch in weiteren Verhandlungen über eine zweite Phase fallen. 

Wie geht es jetzt weiter?

Die Einigung im ägyptischen Scharm el Scheich wird in einer Vereinbarung unter Dach und Fach gebracht - wann diese unterzeichnet wird, war noch unklar. Es könnte entweder im Laufe des Tages dazu kommen, wie es etwa aus Hamas-Kreisen hieß, oder erst in den nächsten Tagen. Um 18.00 Uhr (Ortszeit) trat das israelische Sicherheitskabinett für Beratungen über das Abkommen zusammen, zwei Stunden später sollte das gesamte Kabinett von Ministerpräsident Netanjahu die Vereinbarung final billigen. Innerhalb von 24 Stunden soll dann die Feuerpause in Kraft treten.

Die Geiseln könnten Samstag, Sonntag oder Montag freigelassen werden. Es gibt in Medien unterschiedliche Angaben dazu. Der Friedensplan sieht eine Frist von 72 Stunden nach Inkrafttreten der Vereinbarung vor - es hängt also auch davon ab, wann sie unterzeichnet wird. Trump sprach in einem Interview des Senders Fox News davon, dass die Geiseln voraussichtlich Montag freikommen. 

Trump könnte am Wochenende zudem nach Israel reisen. Netanjahu lud ihn ein, vor dem Parlament zu sprechen, das Forum der Geisel-Familien lud ihn zu einem Treffen mit den Angehörigen ein. Er könne auch eine Rede auf dem „Geiselplatz“ in Tel Aviv halten, schlug das Forum vor. Eine Mitteilung der israelischen Präsidentenkanzlei lässt vermuten, dass Trump am Sonntag ankommt - eine offizielle Bestätigung des Weißen Hauses steht aber noch aus. Israelischen Medienberichten zufolge waren am Abend bereits der US-Sondergesandte Steve Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner von den Verhandlungen in Scharm el Scheich in Israel eingetroffen.

Ist die Feuerpause von Dauer?

Israels Außenminister Gideon Saar sagte dem US-Sender Fox News: „Wir haben keinerlei Absicht, den Krieg wieder aufzunehmen.“ Er betonte zugleich, dass die Entwaffnung der islamistischen Hamas erfolgen müsse. Saar sagte mit Blick auf den Plan, dass es eine Waffenruhe und den Austausch der Geiseln geben soll auch, er glaube, dass dies das Ende des Kriegs bedeuten kann und sollte.

Die islamistische Hamas ist nach ägyptischer Darstellung bereit, den Einsatz ihrer Waffen im Rahmen des US-Friedensplans für Gaza „einzufrieren“, diese aber nicht ganz abzugeben. Die Hamas habe Israel einen entsprechenden Vorschlag gemacht, ihre Waffen für fünf bis zehn Jahre nicht einzusetzen. Das sagte der Vorsitzende des ägyptischen Staatsinformationsdiensts SIS, Diaa Raschwan, dem Nachrichtenkanal Al-Arabija. Die Hamas wäre demnach aber nicht bereit, die Waffen ganz abzugeben.

© dpa-infocom, dpa:251009-930-140626/2

 
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