Wer ist dieser Bursche mit dem sperrigen Nachnamen? Zumindest den Über-40Jährigen sollte der Mann mit dem verschmitzten Grinsen noch ein Begriff sein: Darmstaedter gründete 1988 mit vier Freunden die Band The Jeremy Days. Gleich zu Beginn seines Einstands in der Öffentlichkeit feierte der Fünfer beeindruckende Erfolge bei Radio-Einsätzen wie in den Charts, mit herrlich-harmonischen, an den Sound von Beatles oder David Bowie angelehnten Songs namens "Are You Inventive?", "Brand New Toy" sowie "Rome Wasn't Build In A Day". Auch die ersten vier Alben des Quintetts enterten die nationale Hitparade. Nur das letzte Werk von 1995, "Punk By Numbers", verfehlte die offizielle Verkaufsliste.
"Doch das passierte völlig zurecht", meint Darmstaedter rückblickend, "denn zu diesem Zeitpunkt war die Luft raus, was die ursprüngliche Dynamik unserer Gruppe anging. Wir trennten uns im Anschluss an eine letzte Tour 1996 in Freundschaft - und haben uns jetzt, einfach so, in alter Verbundenheit wieder zusammen gerauft, werden ab dem 22. November eine kleine Deutschland-Tour absolvieren. Mal schauen, ob sich darüber hinaus etwas unter der Flagge "Jeremy Days" tun wird. Ich habe keinen blassen Schimmer."
Aktuell stehen für den Hanseaten Solo-Geschichten an, gerade ist "Strange Companions" (Beg Steal and Borrow Records) erschienen, die neue Scheibe unter eigenem Namen. Dirk veröffentlichte bereits ein Jahr nach dem Band-Split seine erste Platte in Eigenregie. 2002 gründete er das alternative Plattenlabel "Tapete Records". Dieses existiert bis heute - allerdings seit fünf Jahren ohne Mitwirken von Darmstaedter. "Ich wollte mich endlich wieder ausschließlich um meine Karriere als Musiker kümmern können", erklärt der charmante Singer/Songwriter seinen Weggang von der eigenen Firma, "das war aber am Ende bei "Tapete" nicht mehr möglich. Mein Partner und ich fingen mit drei Bands an, die wir unter Vertrag hatten. Als ich ging, waren es über 40. Unter solchen Umständen konnte ich meine Künstler-Karriere vergessen."
Darmstaedter fügt hinzu: "Das Beste am Älterwerden ist, "Nein" sagen zu können. Man ist sich mehr und mehr seiner Endlichkeit bewusst. Alles was ich heutzutage tue, mache ich zu 100 Prozent aus Überzeugung! Oder zu 100 Prozent eben nicht. Am Ende meiner Zeit bei "Tapete" - auf die Firma bin ich nach wie vor extrem stolz - konnte ich nicht mehr so agieren, wie ich gerne wollte. Zu viel Geschäft, zu wenig Kreativität. Deshalb musste ich mich von der Sache schweren Herzens befreien. Heute dreht sich in meinem Leben alles nur noch um Musik."
Entsprechend befreit und auch lässig geht der Hanseat seit langem an neue Musik heran. "Ich möchte völlig losgelöst von allem sein", schwärmt er. "Zum Glück kann ich von Tantiemen aus Jeremy Days-Zeiten ordentlich leben, so dass ich keinerlei Druck ausgesetzt bin. Der einzige Druck, dem ich mich seit Jahren selbst aussetze: Pro Monat will ich mindestens ein Lied fix und fertig auskomponiert haben. Bislang klappt das ganz gut."
Nicht ganz so gut klappt es bei Darmstaedter bisweilen mit zwischenmenschlichen Beziehungen - auf diesem Umstand basiert übrigens auch der Titel der neuen Platte, der übersetzt so viel wie "merkwürdige Begleitungen" bedeutet. "Eigentlich gibt es bei mir", meint Dirk, "seit jeher Höhen und Tiefen, was Kumpaneien und Freundschaften angeht. Ich besitze keine sonderlich gute Menschenkenntnis. Zum Glück habe ich eine Ehefrau, die mich in der Regel auf den Boden der Tatsachen zurückbringt, wenn ich mich in einer Person mal wieder getäuscht habe."
Texte sind für ihn ein wichtiger Aspekt seiner Arbeit. "Neue Verse entstehen in der Regel durch Beobachtungen in der Außenwelt", erklärt er. "Ich bin Flaneur und darüber hinaus leidenschaftlicher Spaziergänger. Ich bin zudem noch ein altmodischer Typ, der liebend gerne Bücher liest. Ich schleppe Kladden mit mir rum, die ich unterwegs vollkritzle. Wenn mir also etwas ein- oder auffällt, wird das akribisch notiert. Im besten Falle wird ein Liedtext daraus."
Dirk Darmstadter, demnach ein überzeugter Anachronist? "Unbedingt", lacht er, weil für mich nur so eine altmodische Lebenseinstellung das Dasein interessant gestaltet. Freundschaft und Familie - das Beste, was es für mich gibt. Nur mit diesen Konstanten entsteht glücklich machende Musik."














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