Die Bundeswehr hat die ersten Modelle des neuen Sturmgewehrs G95 erhalten. Die Waffen wurden auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Bayern an Soldaten des Panzergrenadierbataillons 122 übergeben, das von Februar an der Brigade Litauen an der Ostflanke der Nato unterstellt sein wird.
Die Übergabe der Waffen sei mehr als ein bloßer Meilenstein in der Modernisierung, sagte Generalleutnant Heico Hübner, Stellvertreter des Heeresinspekteurs, bei der Zeremonie. Die persönliche Waffe eines Soldaten sei nicht einfach ein Ausrüstungsgegenstand. „Sie ist Ausdruck höchster Verantwortung, das Werkzeug im Kernauftrag eines jeden Kämpfers. Sie muss absolut verlässlich sein – Tag und Nacht, bei Hitze, Kälte, Nässe, im Häuserkampf ebenso wie beim Absitzen vom Schützenpanzer und im freien Gelände, unter allen Umständen“, betonte Hübner.
Das G95 löst das G36 ab, beides Produkte der Waffenschmiede Heckler & Koch. Die Bundeswehr hatte in einem ersten Schritt knapp 120.000 Modelle unter Vertrag genommen. Wegen der veränderten Bedrohungslage soll die Bundeswehr aber um rund 80.000 Soldaten auf 260.000 Männer und Frauen wachsen - und die Zahl der Sturmgewehre gleich mit.
Es werden nun mehr Gewehre bestellt
Der Haushaltsausschuss des Bundestages billigte am Mittwoch eine Vorlage des Verteidigungsministeriums, mit der deutlich mehr Sturmgewehre bestellt werden. Nun sollen es dem Vernehmen nach 250.000 Stück werden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll der Hersteller jährlich mindestens 20.000 Waffen liefern.
Mit der Entscheidung werde die Anzahl der beschafften Systeme deutlich erhöht, teilte das Verteidigungsministerium dazu mit. „Wir berücksichtigen damit den geplanten personellen Aufwuchs der Streitkräfte in den nächsten Jahren und können so die Truppe bedarfsgerecht, vollständig und zügig ausstatten.“
Als erster Verband des Heeres erhalte das Panzergrenadierbataillon 122 aus dem bayerischen Oberviechtach die neue Waffe. Zusätzlich würden passende Laserlichtmodule beschafft, die in Kombination mit Nachtsichtbrillen „eine präzise Nutzung bei Nacht oder schlechter Sicht“ möglich machten, so das Ministerium.
G95 ist auch bei anderen Nationen im Einsatz
Das Beschaffungsamt BAAINBw verspricht nach umfangreichen Tests und Erprobungen ein „leistungsfähiges neues Sturmgewehrsystem“. Die Koblenzer Behörde weist auch darauf hin, dass die Waffe bereits in anderen Nationen in ähnlichen Varianten im Einsatz sei, darunter bei engen Verbündeten wie Frankreich, Litauen und die Niederlande.
Das gilt in vergleichbarer Art auch für das Vorgängermodell G36, das als „Pannengewehr“ Schlagzeilen im Heimatland machte, in Streitkräften anderer Nationen aber nicht bemängelt wurde. Auch in Deutschland wird es bis heute von Soldaten geschätzt.
Um die Treffgenauigkeit des Sturmgewehrs G36 hatte es 2012 große Aufregung und politische Diskussionen gegeben. Amtlichen Untersuchungen zufolge traten Probleme nach zu langen Schussfolgen oder auch unter Hitzeeinwirkung als Folge thermischer Überlastung auf. Praxisbeispiele dafür gab es aus Afghanistan.
G36 hat „keine Zukunft in der Bundeswehr“
Im Jahr 2015 dann eine Entscheidung: Die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) verkündete, „dass das G36, so wie es heute konstruiert ist, keine Zukunft in der Bundeswehr hat“.
Bei Schusswaffen ergeben Materialmix, Gewicht, Lauflänge, Munition und Treffleistung ein komplexes Zusammenspiel. Das Material der Waffe wirkt sich dabei auch auf die thermische Belastbarkeit aus, wie die Waffe also auf Erhitzung reagiert. Das Kaliber der Munition bedingt die Durchschlagskraft, begrenzt aber gewichtsmäßig auch, wie viel Schuss mitgeführt, also notfalls auch als Gepäck getragen werden können.
Heckler & Koch wehrte sich öffentlich und juristisch gegen einen Imageschaden durch die Kritik und bekam vom Landgericht Koblenz bescheinigt, mit dem G36 von 1996 an geliefert zu haben, was die Bundeswehr bestellt hatte: Ein Sturmgewehr nicht für die Bedingungen in Afghanistan und Mali, sondern zur Landesverteidigung im mitteleuropäischen Klima.
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