Um das Buch vorzustellen, wurde ein besonderer Ort ausgewählt - ein verlassenes Dorf auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels. Zivilisten haben dort üblicherweise keinen Zutritt, aber Norbert Wittl, der Pressesprecher der U.S. Army in Hohenfels, machte es möglich.
Ziel war Schmidheim. Der frühere Ort an der uralten Straße von Hohenburg nach Parsberg musste von seinen Bewohnern verlassen werden, er wich 1951 den Erweiterungsplänen des Truppenübungsplatzes. Auch andere Gemeinden wurden zwangsevakuiert, fast 5000 Menschen verloren dabei ihre Heimat. Gerda Stauner schildert in "Wolfsgrund" die Geschichte dieser Heimat und ihres Verlusts auf mehreren Zeitebenen, die sich verschränken. Der Generationen übergreifenden Erzählung ist ein Stammbaum am Anfang des Buches beigegeben, so dass man die Wurzeln der Hauptfigur immer vor Augen hat - es ist Melchior Beerbauer, ein Oberpfälzer Journalist, der letzte seiner Familie, die mit Schmidheim eng verbunden war. Parallel dazu erzählt Stauner von der tragischen Liebe von Melchiors Großmutter Agathe zu Ludwig, dem Wirt von Schmidheim.
Identität und Vertreibung
Wie Gerda Stauner versichert, hat sie sich bei der Konstruktion des Stammbaums lose an dem der eigenen Familie orientiert. Auch das Wirtshaus samt Brauerei in Schmidheim hat es gegeben. Es trug den Namen Rödl und wer sich für Film interessiert, wird sich bei dem Namen an den Regisseur Josef Rödl erinnern, der 1978 mit seinem Erstling "Albert warum" einen Meilenstein des deutschen Kinos geschaffen hat. Rödl stammt aus dieser Wirtsfamilie und er hat es sich bei der Vorstellung des Buches nicht nehmen lassen, persönlich zu kommen.
"Während der letzten Jahre haben mich die Motive Identität und Vertreibung viel beschäftigt", betonte die Autorin. Dass es zwischenzeitlich drei Bücher geworden sind, die um diese Themen kreisen, erstaunt sie fast selbst. Als Gerda Stauner vor einigen Jahren mit ihrer Arbeit zu "Grasmond" begann, dem ersten Teil der Trilogie über die Familie Beerbauer, "konnte ich noch nicht ahnen, wie viel Raum diese Familiensaga einnehmen würde".
Perspektive von unten
Anfangs ging es ihr auch darum, zeitgeschichtliche Ereignisse wie das Ende des Zweiten Weltkriegs in der Oberpfalz oder die Anfänge des Denkmalschutzes in der Region nicht in Vergessenheit geraten zu lassen - und das alles aus der Perspektive der "kleinen Leute". Bauern, Handwerker, ganz normale Land- und Stadtbewohner, auch junge Studenten und ein findiger Journalist, der immer wieder die Handlung voran treibt, bevölkern ihre Romane.
Mit "Sauforst", dem zweiten Band, hat die Autorin lose an die "Grasmond"-Geschichte angeknüpft, über Industrialisierung und Migration geschrieben und die einfachen Menschen weiterhin im Blick behalten. "Wolfsgrund" schließt jetzt die Saga ab und präsentiert sich formal und stilistisch als das beste der drei Werke. Man kann den neuen Roman auch mit Genuss lesen, ohne die beiden anderen zu kennen.
Gerda Stauner, "Wolfsgrund - Eine Spurensuche", Süd-Ost-Verlag, 229 Seiten, 16,90 Euro
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