München
01.02.2019 - 14:11 Uhr

Im "Jazzland" weht eine sanfte Brise

Musikalisch entspannt geht es zu im Quartett des Münchner Pianisten und Komponisten Kilian Kemmer. Die Kulturredaktion unterhielt sich mit ihm über die aktuelle CD "Jetzt und in Echt" sowie über aktuelle Planungen.

Softer Sound wie eine wärmende Sommerbrise, dafür sorgen Matthieu Bordenave, René Haderer, Kilian Kemmer und Matthias Gmelin. Bild: privat
Softer Sound wie eine wärmende Sommerbrise, dafür sorgen Matthieu Bordenave, René Haderer, Kilian Kemmer und Matthias Gmelin.

München. Wenn es so etwas wie ein Jazz-Land gibt, dann sorgen Kilian Kemmer und seine Musiker dafür, dass es dort nicht all zu stressig zugeht. Softer Sound wie eine wärmende Sommerbrise, entspannt und meditativ perlende Töne, eine Klangwelt wie aus einer anderen Welt. Der Titel „Sonnenuntergang“ zeigt, wohin die Reise geht: träumerisch und innig lässt Matthieu Bordenave sein Sax säuseln, René Haderer begleitet die Ausflüge mit einem leichtfüßig wandernden Bass, das taktgenaue Schlagwerk vom Matthias Gmelin und Kilian Kemmers perfekt ausbalancierten Piano-Rhythmen bieten dazu ein sicheres Gelände – das ist lyrischer und virtuoser Kammerjazz vom Feinsten. Ihr Thema ist die Zeit, die oft viel zu schnell vergeht, erklärt Bandleader Kilian Kemmer. Andererseits gibt es Momente, da kann sie gar nicht rasch genug vorbeiziehen. Wer allerdings das aktuelle Album des Quartetts hört, das den Titel „Jetzt Und In Echt“ trägt, wünscht sich, dass die 54 Minuten Sound-Zauber nicht so schnell vorüber sind. Auch deshalb, weil es neben den verträumten Melodien flottere Nummern wie „Ein Schritt vorwärts“, das lateinamerikanisch angehauchte „Jetzt“ oder das forsch die harmonischen Grenzen auslotende „Im Flug“ zu entdecken gibt. Wie es zu der vielseitigen CD kam, erzählt Kilian Kemmer im Gespräch mit der Kulturredaktion.

ONETZ: Das Album „Jetzt und In Echt“ lädt zum Zurücklehnen und Träumen ein. Wie schafft man es, als Jazzer derart relaxt zu sein?

Kilian Kemmer: Kilian Kemmer: Mir ging es nicht darum, möglichst virtuos zu klingen. Das ist die Musik, die ich in mir höre und die mir selbst gefällt. Und wenn es relaxed klingt, finde ich das super.

ONETZ: Was will uns der promovierte Philosoph Kemmer mit dem geheimnisvollen Titel des Albums sagen?

Man schmiedet dauernd irgendwelche Pläne oder grübelt über die Vergangenheit und vergisst da manchmal, dass das Leben gerade in diesem Moment stattfindet. Ich habe mich lange gefragt, wann wohl der richtig Zeitpunkt ist, ins Studio zu gehen. Irgendwann dachte ich dann: Los jetzt. Eben jetzt und in echt.

ONETZ: Es ist ja Ihre erste CD als Bandleader, Komponist und Arrangeur. Wie kamen Sie zu Ihren Mitmusikern und wie war die Erfahrung bei der Aufnahme des Albums?

Mit Rene und Matthieu spiele ich schon knapp zehn Jahre zusammen – Matthieu habe ich auf einer Jam-Session kennengelernt als er noch studierte. Und in dem gleichen Studienjahr war auch Rene. Inzwischen haben beide eine steile Karriere hingelegt. Matthias war die perfekte Ergänzung – alles passte von Anfang an und so konnten wir mein Album an einem einzigen Tag einspielen.

ONETZ: Sie haben ja auch schon im Oberpfälzer Kloster Speinshart gespielt, würden Sie Ihre Musik als spirituell bezeichnen?

Im Programmheft für die Zuhörer im Kloster stand, dass man nicht klatschen sollte zwischen den Stücken – eine ganz neue Erfahrung, wo doch im Jazz nach jedem Solo geklatscht wird. Aber dann war das völlig in Ordnung. Ich fand sogar, dass die Musik sehr gut in die Stille passte. Also ja, meine Musik geht auch als spirituelle Musik durch (lacht).

ONETZ: Einer der Titel dreht sich um „Clara“, verraten Sie uns das Geheimnis dieser Frau? Wieso ist ihr ein eigenes Stück gewidmet?

Clara ist meine Nichte, ich habe das Stück schon vor knapp neun Jahren geschrieben, als Clara gerade auf die Welt kam. Sie ist übrigens ein ziemlicher Wirbelwind und damit ein ziemlicher Kontrast zu dem ruhigen Stück. Mittlerweile habe ich selbst zwei Kinder. Ein Stück auf der Platte ist meinem Sohn gewidmet. Er heißt Julius. Und weil er im Juni geboren wurde, heißt das Stück „Juli im Juni“.

ONETZ: Mein Lieblingsstück ist „Wonderland“, das neben der solistischen Spielfreude und dem beschwingt-fröhlichen Grundcharakter einen echten Ohrwurmcharakter aufweist – welche Geschichte verbindet sich damit?

An „Wonderland“ habe ich mehrere Jahre geschrieben – bis ich dann feststellen musste, dass der erste Teil des Stücks fast so wie ein existierender Standard klingt – „Alice in Wonderland“. Ich hatte die Melodie wohl im Ohr, ohne es zu wissen. Aber immerhin, der B-Teil hat Gott sei Dank nichts mit dem Original zu tun.

ONETZ: Wie geht es weiter mit dem Quartett? Eine neue CD? Eine Konzertreihe, auch in der Oberpfalz?

Seit kurzem habe ich eine Tochter. Ihr will ich natürlich auch noch ein Stück schreiben, damit sie später nicht neidisch wird. Die CD dafür ist bereits in Arbeit.

 
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