22.08.2019 - 21:06 Uhr

Jodtabletten: Bittere Pillen für Freunde der Atomenergie

Tschernobyl lange her, Fukushima fast vergessen. Und jetzt kauft Deutschland millionenfach Jodtabletten in Österreich. Eine vorsichtige Erinnerung an das Gespenst der Atomenergie, findet Frank Stüdemann

Kommentar von Frank Stüdemann
Das Atomkraftwerk im tschechischen Temelín. Radioaktivität kennt keine Staatsgrenzen. Bild: Michael Heitmann/dpa
Das Atomkraftwerk im tschechischen Temelín. Radioaktivität kennt keine Staatsgrenzen.

Wer Atomkraft immer noch für die sauberste und sicherste Art der Stromerzeugung hält, sollte aufhorchen: Deutschland stockt durch Einkäufe in Österreich massiv den Vorrat an Jodtabletten auf, um für den Ernstfall besser gerüstet zu sein. Das Bundesamt für Strahlenschutz will damit keine Panik verbreiten, und dafür besteht auch gar kein Anlass. Die Behörde folgt lediglich einer Empfehlung der Strahlenschutzkommission, die damit Lehren aus der Katastrophe von Fukushima zieht.

Dennoch erinnert diese Meldung daran, dass wir aus dem Gröbsten noch lange nicht raus sind. Denn auch wenn in den deutschen AKW spätestens im Jahr 2022 die Lichter ausgehen, kann bei den Rückbauarbeiten an den Meilern noch so einiges passieren, Leib und Leben von tausenden Menschen könnten auf dem Spiel stehen. Auf solche Szenarien, wie unwahrscheinlich auch immer sie sein mögen, müssen die Behörden vorbereitet sein. Aber auch auf Risiken aus den Nachbarländern weist die Kommission hin - in der Oberpfalz denkt man sofort an das Kraftwerk im tschechischen Temelín. Radioaktivität macht nicht an Landesgrenzen halt.

Wie in so vielen anderen Politikfeldern wäre auch hier eine gesamteuropäische Lösung das Ideal - das aber ist faktisch nicht zu erreichen. Klar ist aber auch: Erst wenn in ganz Europa die erneuerbaren Energien dominieren und keine Kerne mehr gespalten werden, könnten Millionen von Jodtabletten vielleicht im Müll entsorgt werden. Man wird ja wohl noch kleine Öko-Träume träumen dürfen.

 
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