Don't stop believin'", "Open Arms", "Lights", "Separate Ways (Worlds apart)", "Wheel in the Sky", "Only the Young", "Faithfully" - die Liste der Journey-Hits, die Steve Perry in den 70er und 80er Jahren mitschrieb und sang, ist lange. Gold- und Platinschallplatten, ausverkaufte Konzertarenen, begeisterte Fans rund um den Globus. Und dann: Schluss. 1987 der letzte gemeinsame Auftritt, 1996 nach langer Pause das letzte gemeinsame Album ("Trial by Fire") mit den Journey-Kollegen um Gitarrist Neil Schon.
"Und dann kam der Tag, an dem mir klar wurde, dass ich das alles einfach nicht mehr weitermachen konnte", sagt Perry, der im Januar 70 Jahre alt wird, rückblickend. "Ich hatte wirklich das Gefühl, abspringen zu müssen von diesem Karussell, das sich immer weiter drehte." Er habe "eine tolle Zeit mit einer tollen Band gehabt" und zudem noch die Gelegenheit, sich als Solokünstler auszutoben - mit "Oh Sherry" (aus dem Album "Street Talk") hatte er 1984 seinen größten Solo-Hit, zehn Jahre später erschien sein zweites Album "For the Love of strange Medicine".
Und doch machte der Mann aus dem kalifornischen San-Joaquin-Valley einen radikalen Schnitt. Als Schon und die anderen Bandkollegen 1996 drängen, er solle eine lange schon nötige Hüftoperation endlich durchziehen, damit man wieder auf Tour gehen und Geld verdienen könne, zieht Perry den Stecker. "Es war einfach an der Zeit, ehrlich zu mir selbst zu sein: In meinem Herzen wusste ich, dass dieses Gefühl einfach nicht mehr da war." Seine alte Band holte sich mit Steve Augeri einfach einen neuen Sänger, der frappierend wie Perry klang, und machte ohne ihn weiter. Und heute, mittlerweile mit dem Philippiner Arnel Pineda am Mikro, füllen Journey dank der alten Hits wieder Sportarenen.
Die große, tragische Liebe
Und Perry? Der gab in all den Jahren kein einziges Konzert, nahm keinen einzigen neuen Song auf. "Ja, lange Zeit konnte ich Musik noch nicht mal wirklich hören", erinnert er sich. "Ich hörte einfach auf zu singen und begann, das Leben nach seinen eigenen Regeln zu leben." Und eine dieser Regeln besagt wohl, dass Perry einen außergewöhnlichen Menschen treffen musste, um sein künstlerisches Einsiedlerdasein zu beenden. 2011 verliebte er sich in die Psychologin Kellie Nash, die unheilbar an Brustkrebs erkrankt war. Und was dann folgte, klingt nach einem traurigen Kitschroman, deshalb ist es aber nicht weniger herzzerreißend: Kellie rang ihm das Versprechen ab, dass, sollte ihr etwas zustoßen, er sich nicht wieder in seine Isolation zurückziehen würde. 2012 verlor sie den Kampf gegen die Krankheit.
Steve Perry gab seiner Trauer Zeit, und zwei Jahre nach dem Tod seiner Seelenverwandten kramte er Songskizzen hervor, Ideen, Bruchstücke. Zusammen mit dem Toningenieur und Gitarristen Thom Flowers machte er sich schließlich im eigenen Studio an die Arbeit, sein Versprechen zu halten. Das Resultat, das erste neue Steve-Perry-Album seit 24 Jahren, heißt "Traces" ("Spuren") und ist seit einigen Tagen im Handel. Was auffällt: Perrys Stimme, die schon vor zwei Jahrzehnten rauer und teils brüchiger klang als zu Beginn seiner Karriere, ist so beeindruckend wie immer - auch wenn es bisweilen so klingt, als hätte er zusätzlich mit Rollsplit gegurgelt.
Kein Weg zurück zu Journey
Egal, denn außer der ersten Single "No Erasin'" finden sich auf "Traces" ohnehin keine Brecher. Neben Balladen wie "In the Rain" und "We fly" gibt es zwar einige Uptempo-Nummern ("We're still here", "No more Cryin'"), dennoch ist Perrys Rückkehr eine eher ruhige Angelegenheit geworden. Wer Stadion-Rock erwartet, wird enttäuscht. Und doch ist "Traces" das beeindruckende Spätwerk eines Mannes, der die Liebe seines Lebens verlor und dabei die Liebe zur Musik wiederfand.
Perry, der in den vergangenen Wochen gefühlt 1000 Interviews gab, muss vor allem eine Frage immer und immer wieder beantworten: Wird er zu Journey zurückkehren? "Ich will nicht zurückblicken", sagt er dann freundlich, aber bestimmt. "Ich will nach vorn schauen." Das ist dann wohl ein Nein. Man kann es ihm nicht verübeln: Warum sollte er sich in die Tretmühle zurückstürzen, der er vor mehr als 20 Jahren so mühsam entkommen war? Gegen eine kurze Solo-Tournee durch kleine Hallen hätten die Fans jedoch bestimmt nichts einzuwenden.
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