Deutschland und die Welt
20.05.2019 - 19:43 Uhr

Lufthansa will nicht mehr selbst kochen

Mit Bordverpflegung lässt sich nicht genug Geld verdienen, findet die Lufthansa. Mitten in einer noch nicht vollendeten Sanierung soll die Catering-Sparte verkauft werden - auch die Niederlassung in Bor.

Eine Mitarbeiterin dekoriert Mahlzeiten in der Produktion der LGS Sky Chefs. Bild: Daniel Reinhardt/dpa
Eine Mitarbeiterin dekoriert Mahlzeiten in der Produktion der LGS Sky Chefs.

Der Lufthansa-Konzern hat seine Catering-Tochter LSG Sky Chefs (weltweit rund 35 000 Mitarbeiter) zum Verkauf gestellt. Das Unternehmen steckt in einer aufwendigen Sanierung und hat trotzdem mit 115 Millionen Euro eines der besten operativen Ergebnisse seiner Geschichte an den Mutterkonzern abgeliefert. In der Großküche am Frankfurter Flughafen und anderswo herrscht deshalb Unverständnis und Unruhe.

Der Billig-Trend beim Fliegen hat die Bordverpflegung gerade auf Kurzstrecken fast obsolet gemacht. Die Passagiere zahlen meist nur noch den nackten Ticketpreis. Die verbleibenden Angebote werden unter hohem Kostendruck hergestellt. Die LSG hat darauf unter anderem mit dem Bau eines neuen Produktionswerks im tschechischen Bor reagiert, um von den geringeren Lohnkosten zu profitieren. Trotzdem gibt es aus Sicht des Lufthansa-Vorstands bei der Bordverpflegung nicht mehr richtig viel zu verdienen.

Petr Arnican: "Keine Betriebsgewerkschaft"

Auch in Bor herrscht deshalb Unruhe. "Bisher ist uns nicht offiziell bekannt, dass die Investition gestoppt oder die im Bau befindlichen Objekte verkauft werden", teilt Miroslav Cvrk, Leiter des Bürgermeisterbüros der Stadt Bor auf Anfrage unserer Zeitung mit. Man könne sich daher nicht dazu äußern. Petr Arnican, DGB-Abteilungsleiter für grenzüberschreitende Beziehungen, hat sich dazu mit seinem tschechischen Gewerkschaftskollegen Ivo Kužel, Geschäftsstellenleiter in Pilsen, ausgetauscht. "Wir haben zu LSG in Bor keinen Zugang", habe der abgewunken. "Es gibt keine Betriebsgewerkschaft, da überwiegend Leute aus Zeitarbeitsfirmen beschäftigt sind."

Das Thema Zeitarbeit stößt Arnican sauer auf: "Es gab schon mal 2000 Zeitarbeitsfirmen", beschreibt er eine Entwicklung, die auf das Lohnniveau in Tschechien drücke. "Heute sind es immerhin noch etwa 1000." In der Slowakei regle anders als in Tschechien zumindest ein Gesetz, dass die Zeitarbeiter das Gleiche verdienen müssen. "Es herrscht zwar annähernd Vollbeschäftigung, aber das sagt noch nichts über die Qualität der Arbeitsplätze aus."

Gerade bei LSG seien die Konditionen alles andere als arbeitnehmerfreundlich: "Ich habe mir Stellenangebote dieser Firma angeschaut", sagt Arnican. Darin stehe, "diese Position ist geeignet für Ausländer". Ob inzwischen wie geplant Filipinos dort beschäftigt seien, sei ihm nicht bekannt. "Die Leute verdienen dort 800 Euro brutto bei einer 40-Stunden-Woche - deutlich unter dem tschechischen Durchschnittslohn von 1300 Euro." Wenn dieses Lohnniveau für den angestrebten Profit immer noch nicht reiche, könne man sich vorstellen, mit welchen Gehaltsvorstellungen mögliche Investoren auf den Plan treten würden.

Petr Arnican, DGB-Abteilungsleiter für grenzüberschreitende Beziehungen. Bild: jrh
Petr Arnican, DGB-Abteilungsleiter für grenzüberschreitende Beziehungen.

Verdi will Verkauf verhindern

Zumindest das Europa-Geschäft soll an einen strategischen Investor gehen, der das Handwerk verstehe, heißt es in Konzernkreisen. Mindestens drei Interessenten gebe es - neben den europäischen Konkurrenten Do & Co und Gate Gourmet soll sich auch Dnata aus Dubai für die LSG-Küchen interessieren. Die Unternehmensteile in mehr als 100 außereuropäischen Staaten könnten in einem zweiten Schritt auch an branchenfremde Finanzinvestoren gehen.

Verdi will den Verkauf der Sparte verhindern oder mindestens Lufthansa als Mehrheitsgesellschafter behalten. Doch im Lufthansa-Vorstand ist die Entscheidung wohl bereits gefallen, sich in einen reinen Airline-Konzern zu wandeln. Obwohl bei einem Verkauf als Ganzes zunächst alle Verträge weiter gelten würden, fürchtet die Gewerkschaft einen Austritt aus dem von Lufthansa dominierten Arbeitgeberverband und Subunternehmens-Modelle.

 
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