Für den aus Ungarn stammenden Musiker und Musikproduzenten Leslie Mandoki muss sich die Politik wieder mehr Alltagsproblemen der Menschen widmen. Der 72-Jährige nimmt angesichts zunehmender Geringschätzung von Freiheit auch akademische und urbane Eliten in die Pflicht, wie er der Zeitung „Rheinpfalz“ aus Ludwigshafen sagte.
„Wir – die urbane, kosmopolitische, akademische, liberale Elite – haben uns zu oft in Echokammern als Komfortzone eingerichtet und uns zu wenig mit den tatsächlichen Lebensrealitäten der Mehrheit beschäftigt“, sagte Mandoki der Zeitung. „So entsteht eine Repräsentationslücke, in die Ängste strömen und diese Stimmen wollten wir in unserer Filterblase nicht wahrnehmen.“
Von Politik und echten Sorgen
Politik solle sich um „echte Sorgen kümmern, nicht um Schlagzeilen, zum Beispiel um Integration“, sagte Mandoki, der am Starnberger See in Bayern lebt. Als er vor Jahrzehnten aus Ungarn nach Deutschland gekommen sei und einen Asylantrag gestellt habe, habe er zwei Wochen später auf Lohnsteuerkarte am Schwäbischen Landestheater am Schlagzeug gesessen. „Da gab es keine Willkommenskultur oder gar Angebote, dafür aber klare Regeln und Chancen“, sagte Mandoki. „Das schafft Zusammenhalt.“
Der Sozialstaat sei eine großartige Jahrhundert-Idee, er solle helfen und nicht lähmen. „Heute alimentieren wir zu oft Arbeitsfähige statt sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren“, betonte Mandoki in der „Rheinpfalz“. „Und wer das Land trägt, fühlt sich im Stich gelassen: der Feuerwehrmann Stefan Müller und die Krankenschwester Stefanie Schmidt, die drei Kinder wollen, aber in München keine Wohnung mieten können von ihren Gehältern für ihre systemrelevante Arbeit.“ Für sie sei niemand da. „Wir müssen uns wieder ehrlich mit solchen Realitäten befassen – aus Liebe zur Freiheit.“
„Stecken in einem Labyrinth der Krisen“
Um inneren Feinden der Freiheit zu begegnen, müsse die Komfortzone verlassen werden, sagte der 72-Jährige. „Ich höre keine einfachen Lösungen, nur viele Falsche. Hinter der "Schutz"-Brandmauer wächst etwas, dem wir uns nicht intellektuell und wertegebunden zum Diskurs stellen mit dem Anspruch, zu überzeugen“, betonte er. „Wir stecken in einem Labyrinth der Krisen – ohne Kompass.“ Dazu komme eine Glaubwürdigkeitskrise, es brauche umsetzbare Lösungen. „Sonst wird Politik zur oberflächlichen Werbeveranstaltung für sinnentleerte Sprechblasen mit sehr schnell tickender Halbwertszeit.“
Er wünsche sich mehr Mut zur Debatte, zur Empathie, zur Verantwortung. „Freiheit fließt nicht durch den Wasserhahn – sie kommt nicht von allein“, sagte Mandoki. „Man muss sie täglich pflegen, im Kleinen wie im Großen.“
Der gebürtige Budapester floh 1975 aus Ungarn nach Deutschland. Er arbeitete unter anderem mit Weltstars wie Lionel Richie und Phil Collins zusammen. Sein Herzensprojekt sind die Mandoki Soulmates, eine Formation von Musikgrößen, die er seit nun schon mehr als 30 Jahren versammelt. Zu den Musikern gehörten zuletzt etwa der Gitarrenvirtuose Al Di Meola, Jethro-Tull-Chef Ian Anderson, Startrompeter Till Brönner, Gitarrist Mike Stern und Supertramp-Mitglied John Helliwell.
© dpa-infocom, dpa:251226-930-468311/1



















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