20.07.2018 - 19:30 Uhr

Merkel vor der Sommerpause: Allein gegen den Rest der Welt

Mit ihrer üblichen Sommer-Pressekonferenz verabschiedet sich die Kanzlerin in den Urlaub. Möglichst unaufgeregt. Doch der Stern der Kanzlerin sinkt - und sie wird nicht bis 2021 im Amt bleiben, meint Albert Franz in seinem Kommentar.

Kommentar von Albert Franz
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der traditionellen Pressekonferenz vor der Sommerpause. Bild: Bernd von Jutrczenka/dpa
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der traditionellen Pressekonferenz vor der Sommerpause.

Ist sie amtsmüde? "Nein, nicht ein bisschen." Hat sie die Querschüsse von der CSU und Horst Seehofer satt? "Nun ja, das hat schon geschadet." Jemals an Rücktritt gedacht? "Nein, es war anderes zu tun." Und die Kritik von Donald Trump an Deutschland? "Nehme ich zur Kenntnis."

Wie immer versucht Angela Merkel ("Sie kennen mich"), sich so unaufgeregt wie möglich in den Sommerurlaub zu verabschieden. Trotzdem sieht man ihr die Strapazen der vergangenen Monate an. Merkels Ringe unter den Augen sind so tief wie sonst nur nach nächtlichen Verhandlungsrunden in Brüssel. Etwas ungalant könnte man sagen: Drei Tage nach ihrem 64. Geburtstag sieht Merkel erstmals so alt aus, wie sie wirklich ist. Man vermisst ihren spröden Humor. Stattdessen hat ihr Auftritt etwas von "Die Kanzlerin allein gegen den Rest der Welt".

Freunde kommen kaum noch vor, wenn sie die Weltläufte erklärt. Aber auch nicht, wenn es um die Innenpolitik geht. Zwar ist der Aufstand der CSU gegen die Kanzlerin in sich zusammengebrochen, und er wird sich so schnell nicht wiederholen. Zu blutig ist die Nase, die sich Horst Seehofer geholt hat, zu groß der Schaden, den sich die CSU selbst zugefügt hat, weil sie überreizt hat. Aber die Machtprobe hat eben auch der Kanzlerin massiv geschadet.

Merkels Stern sinkt. Auch wenn sie sich als Fels in der Brandung sieht, als Garant der Vernunft in einer irren Welt. Bis zur Europawahl im Mai 2019 mag sie sich noch unabkömmlich fühlen. Aber Merkel weiß wohl selbst am besten, dass sie nicht bis 2021 im Amt bleibt. Sie geht vorher aus freien Stücken. Oder sie wird gegangen.


 
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