Für das Minguet-Quartett - Ulrich Isfort und Annette Reisinger (Violine), Aroa Sorin (Viola), Matthias Diener (Violoncello) - ist der Name des spanischen Philosophen Pablo Minguet (1733-1801) Programm. Sein Bemühen war es, dem breiten Volk Zugang zu den schönen Künsten zu verschaffen. In klassischer Spielweise vermitteln die vier mit der Klangsprache vertrauten Musiker intensive Farben und konzentrierte Spannung durch ihre Instrumente.
Zusammen mit dem Quartett sang der international gefragte Bariton Dietrich Henschel am Dienstag bei den Max-Reger-Tagen im Schalterraum der Sparkasse Oberpfalz-Nord in souveräner hochklassiger Manier. Der Kammermusikabend stand unter dem Motto "Vorbilder - Nachklänge" mit Werken von Johanna Senfter und Clara Schumann sowie Johannes Brahms und Othmar Schoeck.
Dunkel und sanft
Im Mittelpunkt des Abends stand Brahms und sein Streichquartett in c-Moll. Die nahezu monothematische Klangverdichtung verbreitet strengen Ernst, ist stellenweise verschlossen spröde, aber entwickelt stets substanzielle Variationen. Im Kopfsatz dramatisieren intensive Violinläufe dunkel dramatisch, sanft bewegt und in feinstem Pianissimo eine sehnsüchtige Dramatik. Auch die Romanze in As-Dur bleibt schwermütig, wird gelegentlich bedächtig verspielt (Poco adagio) mit moderaten tänzerischen und echoartigen Sequenzen. Das Allegro molto moderato e comodo - Un poco più animato gestaltet das Quartett, indem Violinen und Viola dialogisch korrespondieren und das Cello innig und sauber führt. Die arpeggierten Akkorde verstärken den versponnenen Gesamteindruck. Das Finale wirkt emotional, teils marschmäßig in temperamentvollem, konzentriertem Spiel.
Schwermütig, schrill und spröde ist der Kanon in fis-Moll von Johanna Senfter, der den Auftakt machte. Die Komponistin ist von Brahms und Reger beeinflusst. Sie war 1908 Schülerin in Regers Kompositionsklasse in Leipzig, er bezeichnete sie als seine beste Schülerin.
Klaviervirtuosin Clara Schumann ist zum 200. Geburtstag das Ständchen gewidmet, das die Violinistin Annette Reisinger, schön bearbeitet hatte. Gefühlvoll komponierte Schumann das melancholische lyrische Gedichte "Die gute Nacht, die ich dir sage" von Friedrich Rückert. Mit begeisternder Innigkeit musiziert das Quartett.
Im zweiten Teil stehen einer der bekanntesten Liedkomponisten des 20. Jahrhunderts, der Schweizer Othmar Schoeck mit dem "Notturno", und neben dem Streichquartett Bariton Dietrich Henschel. Schoeck besuchte 1907/1908 die Meisterklasse für Komposition bei Reger in Leipzig. Er trifft mit dem dunklen Grundton seiner Musik die Stimmung von Trauer, Einsamkeit und Verzweiflung. Dazu gibt er genaue Satzbezeichnungen: ruhig, presto, unruhig bewegt, ruhig und leise sowie rasch und kräftig. Acht Gedichte hat er vom österreichischen Dichter Nikolaus Lenau gewählt, ein Fragment von Gottfried Keller. Die Lieder sind jeweils durch instrumentale Zwischenspiele getrennt.
"Zauber ist verwittert"
Der dunkle Bariton Henschels artikuliert mit formgebendem und trotzdem gesanglichem Ausdruck, wozu ihm das Instrumentalquartett ein stärkendes Fundament liefert. Obwohl die ersten Texte vordergründig Berg, Bach, Wolken besingen, kommt keine romantische Naturidylle auf, denn der "Zauber ist verwittert". Rezitativähnlicher Gesang gestaltet das Tragische hinter den Naturbildern. Auch das Thema Glück und im folgenden Satz Presto, das einen Albtraum beschreibt, sind wenig aufheiternd, sondern vermitteln trübsinnige Stimmung. Lenau erweist sich als der Wiener mit melancholischer Todesthematik. Wenngleich das prononciert rezitierte Gedicht und die zupfende Streicherbegleitung den pulsenden Herzschlag fast plastisch gestalten.
Im Satz "Ruhig und leise" singen die Vögel aus und in "Rasch und kräftig" verklingt das Weinlied des Einsamen. Im neunten Gedicht wählt der Schweizer seinen Landsmann Gottfried Keller als Librettisten und wird dabei lyrischer als zuvor. Henschel haucht leise den letzten Vers, während das stets souveräne Quartett in musikalischer Schönheit diesen Kammermusikabend der Max-Reger-Tage abschließt. Das Publikum ist nachhaltig berührt.
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