01.11.2020 - 15:02 Uhr

Nachruf auf Sir Sean Connery: Viel mehr als nur James Bond 007

Nur wenige Monate nach seinem 90. Geburtstag ist der große Schotte gestorben. Mit Ur-Bond Sean Connery hat einer der letzten großen Helden die Leinwand für immer verlassen. Sein Abschied begann jedoch schon fast 20 Jahre früher.

Sean Connery als James Bond bei den Dreharbeiten zu „Feuerball“, seinem vierten 007-Abenteuer. Bild: AP/dpa
Sean Connery als James Bond bei den Dreharbeiten zu „Feuerball“, seinem vierten 007-Abenteuer.

Der schottische Schauspieler Sean Connery ist am Samstag im Kreise seiner Familie in seinem Haus auf den Bahamas gestorben. Aus der Öffentlichkeit war der Mime schon lange verschwunden. Lediglich bei größeren Tennisturnieren in New York wurde der begeisterte Sportfan ab und an als Zuschauer gesichtet oder von Paparazzi bei privaten Spaziergängen "abgeschossen". Interviews gab der bärbeißige Connery noch nie gerne, in den letzten Jahren verweigerte er sie strikt. Selbst in seiner 2008 veröffentlichten Autobiografie "Mein Schottland, mein Leben" zeigte er sich zurückhaltend, servierte weniger Anekdoten aus seiner Filmkarriere als Liebesbotschaften an seine Heimat.

Auch von der Leinwand hatte Sean Connery schon lange Abschied genommen: Genervt und frustriert von den schlechten Erfahrungen bei der chaotischen Produktion seines letzten Films "Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen" 2003 verabschiedete er sich kurzerhand in den Ruhestand. Damit verwehrte er sich und seinen Fans die Chance auf mögliche große Altersrollen. Lediglich seine Darstellung des grantigen Schriftstellers William Forrester in "Finding Forrester" (2000) von Gus van Sant gab einen Vorgeschmack auf das, was noch hätte kommen können.

Aus ärmsten Verhältnissen

In den letzten Jahren war Connery selten in der Öffentlichkeit zu sehen. Bild: David Cheskin
In den letzten Jahren war Connery selten in der Öffentlichkeit zu sehen.

Connery wurde am 25. August 1930 in Edinburgh als Sohn eines Lastwagenfahrers und einer Putzfrau geboren, verließ früh die Schule, um die Familie unter anderem mit einem Job als Milchmann zu unterstützen. Mit 16 trat er in die Royal Navy ein, wurde nach zwei Jahren aus gesundheitlichen Gründen aber wieder entlassen. Danach verdingte er sich als Baggerfahrer, Kutscher und Möbelpolierer - er bereitete unter anderem die Särge in einem Bestattungsinstitut auf.

Ab Mitte der 50er Jahre spielte Connery, mittlerweile Bodybuilder, kleinere Rollen in Filmen und Theaterproduktionen. 1961 entschieden sich dann die beiden Filmproduzenten Albert R. Broccoli und Harry Saltzman gegen etablierte Schauspielstars und für den damals vollkommen unbekannten Schotten: Sie besetzen ihn als James Bond in "Dr. No", dem ersten 007-Kinofilm. Mit ihm und den folgenden vier Bond-Abenteuern stieg Connery zum maskulin-charismatischen Weltstar auf, erlebte aber auch die negativen Seiten des Ruhms: Paparazzi und hysterische Fans machten ihm das Leben schwer, so dass er Ende der 60er das Handtuch warf.

Ein raffinierter Deal

1988, USA, Los Angeles: Sean Connery hält seinen Oscar für den besten Nebendarsteller in "Die Unbestechlichen" in der Hand. Bild: Lennox Mclendon
1988, USA, Los Angeles: Sean Connery hält seinen Oscar für den besten Nebendarsteller in "Die Unbestechlichen" in der Hand.

Nur für "so viel Geld, wie in Fort Knox ist" würde er noch einmal James Bond spielen, sagte er damals. Doch es ging ihm nicht nur ums Geld: 1971 kehrte er für "Diamantenfieber" wieder als 007 zurück und bekam dafür zwar die für damalige Verhältnisse gigantische Gage von 1,4 Millionen Dollar plus Gewinnbeteiligung, aber auch die vertragliche Zusicherung, zwei Filme seiner Wahl machen zu können. Einer der beiden Streifen, das Polizistendrama "Sein Leben in meiner Gewalt", drehte er 1973 mit dem amerikanischen Starregisseur Sidney Lumet. Für Connery der erfolgreiche Versuch, so weit wie möglich von seinem James-Bond-Image wegzukommen und sich als ernsthafter Schauspieler zu beweisen. In den 70er Jahren brillierte der Ex-Bond in Filmen wie "Der Wind und der Löwe", "Robin und Marian" oder "Der große Eisenbahnraub" - war aber auch in Flops wie "Öl", "Zardoz" oder "Meteor" zu sehen.

Renaissance in den 80ern

Erst in den 80er Jahren, nach einem allerletzten Auftritt als 007 in "Sag niemals nie" (1983), bekam Connerys Karriere neuen Schwung, etwa mit seiner Rolle als detektivischer Mönch in der Umberto-Eco-Verfilmung "Der Name der Rose" (1986). Die Krönung seiner Renaissance war 1988 der Oscar als "Bester Nebendarsteller" in Brian De Palmas Mafiathriller "The Untouchables - Die Unbestechlichen". Es folgten unvergessliche Rollen, etwa als Vater von Indiana Jones in Steven Spielbergs "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" (1989), als Ex-Elitesoldat in "The Rock" (1996) oder gealterter Meisterdieb in "Verlockende Falle" (1999).

Kommentar:

Sir Sean, Sie waren einzigartig

Sir Sean Connery hatte das, was man an keiner Schauspielschule lernen kann: Filmstar-Charisma. Mit jedem Hochziehen einer Augenbraue, mit jedem Schürzen seiner Lippen und jedem Blinzeln seiner Augen konnte er wortlos mehr ausdrücken als andere Schauspieler mit zwei Seiten Text.
Natürlich wird er vor allem als der erste und für viele Filmfans einzig wahre James Bond in Erinnerung bleiben. Doch den Großteil seiner Karriere hat der patriotische Schotte damit verbracht, eben diesem übergroßen Schatten des Agenten 007 zu entkommen. Mit vielen Rollen, die er vor allem in den 70er Jahren spielte, konnte er aber das Publikum nicht begeistern.
Erst als er in den 80er Jahren alt und graubärtig genug war, fand er endlich eine neue Nische: Er brillierte in Vater- und Großvaterrollen, als weiser Mentor. Unvergessen etwa die kurze, aber eindrucksvolle Szene in „The Untouchables“, in der er als Streifenpolizist Malone dem Mafiajäger Eliot Ness (Kevin Costner) in einer Kirche erklärt, wie man Al Capone erwischt.
Dass es nicht einmal Steven Spielberg gelang, Connery für einen zweiten Auftritt als Indiana Jones’ Vater aus dem Ruhestand zu locken, spricht Bände über die Sturheit des Altstars. Schade, dass wir nie erfahren werden, welche großartigen Altersrollen er noch hätte spielen können – viel zu früh ist er Anfang der 2000er in den Ruhestand gegangen. Da wären noch ein paar Oscars drin gewesen, Sir Sean. Aber um Ruhm und Ehre war es Ihnen ohnehin nie gegangen. Ruhen Sie in Frieden. Sie waren einzigartig.

Frank Stüdemann

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.