Es ist spannend, zwischen den Zeilen zu lesen, wenn Ursula von der Leyen sich zum Besuch beim polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki äußert. Politikinteressierte hängen seit Wochen gebannt an ihren Lippen.
Denn es geht um nichts weniger, als den Kurs zu erfahren, den die designierte EU-Kommissionspräsidentin bei Problemen wie Migration, fehlender Solidarität oder Rechtsstaatlichkeit gegenüber den oft renitenten Visegrád-Staaten einschlagen wird. Ansätze klingen heraus: Sie mahnt Respekt an und verweist auf die Grundwerte der EU. Klare Aussagen aber fehlen.
Die Ex-Verteidigungsministerin gilt nicht als Problemlöserin. Das Aussitzen von Krisen ist keine ihr völlig unbekannte Vorgehensweise. Auch ist eine ausgleichende Funktion ohnehin substanzieller Teil ihres neuen Amts. Junckers schwieriges Erbe verlangt von ihr jedoch mehr.
Bereits Manfred Weber zögerte in der Konfrontation mit der polnischen PiS und der ungarischen Fidesz aus wahltaktischen Gründen zu lange - und es kam wie ein Bumerang zurück. Jene Mitglieder seiner EVP-Familie waren es, die das Spitzenkandidatensystem – und damit auch ihn – kippten.
Nun sehen sich die Steigbügelhalter von der Leyens wieder obenauf. Dennoch darf ihre Unterstützung kein Freibrief für eine Extrabehandlung sein. Um die EU in existenziellen Themen auf einheitlichen Kurs zu bringen, darf die Kommissionspräsidentin der Kompromisse keine Zugeständnisse machen.
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