Zum 37. Mal wurde am Samstag das Schauspiel „Vom Hussenkrieg“ auf die Neunburger Burghof-Bühne gebracht. Regisseur Cornelius Gohlke, der heuer zum zweiten Mal das im Spätmittelalter angesiedelte Geschehen inszeniert, baute die Linie „Antikriegsstück“ aus. Von der Schwarz-Weiß-Malerei mit den „bösen Hussiten“, die nachweislich von 1419 bis 1434 in die Oberpfalz einfielen, ist man mittlerweile weit entfernt. Das Publikum nimmt diese thematische Ausgewogenheit gerne auf und folgt mit Interesse den Ausführungen der fünf Erzähler, die zwar eine Rolle im Spielgeschehen haben, sich aber immer wieder erklärend und interpretierend an das Publikum wenden. Sie machen hierbei die geschichtlichen Hintergründe deutlich, warum es zu den Hussitenkriegen kam und dabei ist die Schuld keineswegs nur bei den „hussitischen Ketzern“ zu suchen, wie die Erzähler überzeugend vermitteln.
Ein Oberpfälzer Kaplan, zwei Hussiten und zwei Frauen aus Neunburg und Böhmen stellen mit ihren Kommentaren diese Ausgewogenheit her, wobei als roter Faden immer wieder die Grundsatzfrage der Geschichtswissenschaft auftaucht: „Kann man aus der Geschichte lernen?“ „Es sollte so sein“, betonte der diesjährige Schirmherr Reimund Gotzel (Bayernwerk AG) anlässlich der Eröffnung der Festspiele im historischen Schlosssaal der einsteigen Wittelsbacher Residenz. Jedoch lässt der ebenfalls aufgeworfene Bezug zur Gegenwart die Bejahung fragwürdig erscheinen, nach wie vor beherrschen Kriege das Weltgeschehen.
Dass kein Missverständnis aufkommt: Das Neunburger Festspiel ist kein Lehrstück im Brecht'schen Sinne, aber eine Lehre wird den Zuschauern mit auf den Weg gegeben. Darauf verwies auch Helmut Mardanow, Vorsitzender des Festspielvereins, als er anlässlich des Schirmherrnempfangs bei der Premiere mahnte, „das Burghofspiel nicht gedankenlos zu konsumieren“. „Es ist eine wahre Begebenheit im Gewand eines geschichtlichen Spiels!“, fasst Kaplan Schmalzhafen (Alexander Malterer) als einer der Erzähler den literarischen Charakter des Stücks zusammen.
Den 115 Darstellern – seien sie in einer Haupt- oder Nebenrolle aktiv – muss ein hervorragendes Zusammenspiel mit einem exzellenten Timing bestätigt werden. Hierbei wechseln imposante Massen- und Kampfszenen mit Einsatz einer beeindruckenden Technik mit intimen Dialogszenen, etwa wenn eine junge Neunburger Familie den drohenden Krieg thematisiert oder wenn eine hussitische Familie den Tod ihres Sohnes beklagt. Mit dieser Dramaturgie bleibt der Spannungsbogen während des gesamten Spiels von etwa 90 Minuten erhalten.
Weitere Bilder im Internet: www.onetz.de/2772117
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