Neustadt an der Waldnaab
11.06.2020 - 19:16 Uhr

Coronakrise und Steuerabzug: Expertentipps vom Lohnsteuerhilfeverein

Homeoffice, Kinderbetreuungskosten, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sind einige der Themen, die in Coronazeiten für besonders viele Menschen wichtig sind. Oftmals können damit auch erhebliche steuerliche Auswirkungen verbunden sein.

Arbeiten und Kinderbetreuung von zu Hause können auch Auswirkungen in der Steuererklärung haben. Bild: Benjamin Nolte/dpa
Arbeiten und Kinderbetreuung von zu Hause können auch Auswirkungen in der Steuererklärung haben.

„Fast täglich erreichen uns neue Fragen und Informationen, was dieses und jenes für den einzelnen steuerlich bedeutet und wie damit umzugehen ist“, berichtet Miriam Pöllath, Beratungsstellenleiterin bei der Vereinigten Lohnsteuerhilfe in Neustadt/WN. Damit zu den Einschränkungen im täglichen Leben nicht auch noch steuerliche Nachteile dazukommen, beantwortet die Expertin dazu die wichtigsten Fragen. Pöllath coacht werdende Eltern und Familien mit Kleinkindern auch zum Thema Elterngeld. Hier gibt sie den Hinweis, dass das Elterngeld wegen Kurzarbeit aufgrund der Corona-Pandemie nicht gekürzt wird.

ONETZ: Viele Arbeitnehmer arbeiten seit vielen Wochen im Homeoffice. Wie ist diese Situation steuerlich zu behandeln?

Miriam Pöllath: Ein Homeoffice fällt unter den Steuerbegriff „häusliches Arbeitszimmer“. Hierfür gibt es klare Voraussetzungen, damit dies abgesetzt werden kann. Eine davon ist, dass das Arbeitszimmer ein eigener Raum sein muss. Als „Faustregel“ gilt: Es muss sich mindestens um eine Dreizimmerwohnung handeln. Ein Esszimmertisch wird nicht anerkannt. Mitarbeiter sollten von zu Hause auf jeden Fall ihre Stunden genau dokumentieren und sich vom Arbeitgeber eine Bestätigung über die Notwendigkeit der Heimarbeit geben lassen. Ich empfehle aber den Betroffenen sich hier steuerlichen Rat für die individuelle Situation einzuholen.

ONETZ: Müssen Zuschüsse des Arbeitgebers zur technischen Ausrüstung im Homeoffice, versteuert werden?

Miriam Pöllath: Sonderzahlungen des Arbeitgebers sind bis 1.500 € steuerfrei!

ONETZ: Wann und in welchem Umfang können Kinderbetreuungskosten von der Steuer abgesetzt werden?

Miriam Pöllath: Alternative Kinderbetreuung über Babysitter oder Tagesmütter kann steuermindernd angesetzt werden. Diese müssen aber per Banküberweisung beglichen sein. Barzahlungen erkennt das Finanzamt nicht an.

ONETZ: Und was ist, wenn Verwandte die Kinder betreuen?

Miriam Pöllath: Übernehmen Verwandte die Betreuung, kann eine Fahrtkostenerstattung von der Steuer abgesetzt werden. Sie als Eltern erstatten der Betreuungsperson die Fahrtkosten und geben die entsprechende Summe dann in der eigenen Steuererklärung an. 30 Cent pro gefahrenem Kilometer sind dabei durchaus angemessen. Die Betreuungsperson selbst muss die Erstattung der Fahrtkosten nicht versteuern. Bis zu 4.000 Euro pro Jahr und Kind können Sorgeberechtigte als Betreuungskosten von der Steuer absetzen. Ihr Arbeitgeber kann für die Betreuung Ihrer Kinder zahlen, wenn sie noch keine Schulkinder sind. Egal wie hoch die Kosten dafür sind. Für Sie ist das steuer- und abgabenfrei. Außerdem muss der Zuschuss zusätzlich zum Gehalt gezahlt werden.

ONETZ: Zehntausende Arbeitnehmer sind derzeit in der nördlichen Oberpfalz in Kurzarbeit. Was ist unter steuerlichen Aspekten dabei zu beachten?

Miriam Pöllath: Das Kurzarbeitergeld ist zwar steuerfrei, da es durch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung getragen wird. Aber da es sich dabei um eine sogenannte Lohnersatzleistung handelt, die dem steuerlichen Progressionsvorbehalt unterliegt, erhöht sich ihr persönlicher Steuersatz, mit dem das restliche Einkommen versteuert wird. Wer Kurzarbeitergeld von mehr als 410 Euro im Jahr erhalten hat, für den besteht die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung.

ONETZ: Müssen freiwillige Aufstockungsbeträge der Arbeitgeber zum Kurzarbeitergeld versteuert werden?

Miriam Pöllath: Ein Arbeitgeberzuschuss zum Kurzarbeitergeld ist zu einem überwiegenden Teil steuerfrei. Unter die Lohnersatzleistungen fallen im Übrigen auch Elterngeld, Mutterschutz oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

ONETZ: In welchem Umfang können Krankheitskosten in Coronazeiten steuerlich berücksichtigt werden?

Miriam Pöllath: Alle Krankheitskosten, die von der Krankenkasse nicht übernommen werden, können Sie als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen. Das gilt auch für Behandlungsmaßnahmen, die wissenschaftlich nicht anerkannt sind, wie die Bioresonanz- oder Eigenbluttherapie. Wichtig ist, dass ein amtsärztliches Attest, oder eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, die Notwendigkeit dieser Behandlung nachweist. Das Attest muss vor Beginn der Behandlung ausgestellt worden sein.

ONETZ: Gilt diese Regelungen auch für Medizin und Artzbesuche?

Miriam Pöllath: Ja. Von der Steuer absetzbar sind außerdem Medikamente, die Sie selbst bezahlt haben. Auch Fahrtkosten zu Ärzten, Physiotherapeuten oder Heilpraktikern, sogar zur Apotheke und zum Sanitätshaus können Sie absetzen. Wer mit Taxi, Bus oder Bahn unterwegs ist, sollte die entsprechenden Tickets und Quittungen sammeln. Fahren Sie mit dem Auto, ermitteln Sie die angefallene Wegstrecke und rechnen 30 Cent pro Kilometer. Diese wie alle übrigen absetzbaren Ausgaben zählen Sie zusammen und tragen sie in Ihrer Steuererklärung ein.

ONETZ: Welche steuerlichen Konsequenzen hat ein Todesfall in der Familie?

Miriam Pöllath: Ein Sterbefall ist für Familien immer ein tragisches Ereignis und bringt leider auch sehr viel bürokratischen Aufwand und Kosten mit sich. Steuerlich ist dies meist etwas komplizierter. Grundsätzlich gilt: Beerdigungskosten können als außergewöhnliche Belastung nur abgezogen werden, soweit die Aufwendungen nicht aus dem Nachlass bestritten werden können oder nicht durch sonstige im Zusammenhang mit dem Tod zugeflossene Geldleistungen gedeckt sind. Hinweis: Lassen Sie Ihre Steuerklassenwahl in diesem Zusammenhang überprüfen. Seit 2020 kann diese nämlich mehrmals im Jahr gewechselt werden. Somit können Sie evtl. Nachzahlungen vermeiden.

Deutschland und die Welt05.05.2020
 
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