Nittenau
03.06.2018 - 16:26 Uhr

Berührende Klänge mit tiefsinniger Bedeutung

Gelungener Auftakt der sommerlichen Rathauskonzerte. Diesmal stehen sie unter dem Thema "Nittenau vocal" .

Nittenau."Das Eröffnungskonzert beschäftigt sich mit Werken für Singstimme und Klavier, die sich tiefsinnig mit dem herannahenden Ende des Lebens auseinandersetzen", meint am Freitag der künstlerische Leiter Kurt Seibert. Marisa Altmann-Althausen (Mezzosopran) und Stephan Möller (Klavier), beide aus Wien, tragen Lieder vor, die sich mit diesem Thema befassen. Das beginnt sofort mit "An die Hoffnung" op 124 von Max Reger nach dem Gedicht von Friedrich Hölderlin. "Hoffnung ..., die du das Haus der Trauernden nicht verschmähst". Getragen und mit eindrucksvoller Stimme gestaltet die Sängerin die Aussage zwischen Abschied vom Leben und Hoffen auf weitere Existenz, gekonnt bietet ihr der Pianist die harmonische Sicherheit bei allen Aussagen des umfangreichen Werks.
Von Modest P. Mussorgsky folgen die "Lieder und Tänze des Todes", die unterschiedliche Facetten des Lebensendes vorführen, wobei der Tod wie ein grausamer Retter aus einem menschenunwürdigen Leben dargestellt wird. Das gilt für "Trepak", in dem das Schicksal eines Bauern, der im Schneesturm umkommt, bedauert wird, ebenso für das "Wiegenlied", wenn die Mutter am Bett des todkranken Kindes sitzt, das dann vom Tod erlöst wird. Auch "Die Kranke" empfindet den Tod als Freund, der Leid beendet und "Der Feldherr" sollte mal überlegen, dass der Tod der eigentliche Sieger in den wilden Schlachten ist. Die Charakterstücke zeigen den angestrebten Sinn sowohl in melodischer Gelassenheit wie auch in vehementen Gefühlsausbrüchen.

"Vier ernste Gesänge"

Nach der Pause erfahren die Besucher, deren Zahl durchaus hätte höher sein können, weiteren Umgang mit Leben und Tod, indem sie die "Vier ernsten Gesänge" op 121 nach Worten der Heiligen Schrift, dem vorletzten Werk von Johannes Brahms, anhören können. Sehr pessimistisch die Quintessenz des ersten Liedes: "Denn es gehet dem Menschen wie dem Vieh, wie dies stirbt, so stirbt er auch". Dass solch depressive Wahrnehmungen besänftigende Melodien und tonale Ausbrüche nach sich ziehen, ist verständlich.

Liebe als das Wichtigste

Das folgende Lied benennt "die Tränen derer, die Unrecht litten und hatten keinen Tröster" und kommt zu dem Schluss "Da lobte ich die Toten ... mehr als die Lebendigen". So traurig ist auch die musikalische Gestaltung dieser Lebensposition. Das dritte Lied wechselt die Aussage: Mit "O Tod, wie bitter bist du" beginnt die Feststellung, meint aber dann "O Tod, wie wohl tust du dem Dürftigen". In choralartigem Grave wird das musikalisch nahegebracht. Das letzte Lied folgert "Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts". Liebe ist also das Wichtigste im Leben und beseitigt auch die Angst vor dem Tod. Marisa Altmann-Althausen schafft es, alle Stimmungen glaubhaft zu vermitteln, dazu trägt auch Stephan Möller mit aufmerksamer Begleitung bei.
Vier Lieder von Franz Schubert beenden das Programm. Zunächst "Die junge Nonne", der das Leben unheimlich vorkommt und die deshalb sich entschließt, es Gott zu widmen. "Der Tod und das Mädchen" beginnt traurig erregt, weil das Mädchen über seine Vergänglichkeit seufzt. Der Tod aber beruhigt es, indem er Ruhe und Frieden vorhersagt. Auch das "Nachtstück" verspricht ewigen Frieden.
Der szenisch hochdramatische "Erlkönig" D 328 schließlich, den Schubert als 17-Jähriger komponierte, bringt vier Stimmen zu Gehör. Erst den unruhigen Erzähler, dann den besorgten Vater, das immer mehr bedrängte Kind und den um dessen Tod werbenden Geist, der schließlich gewinnt. Eine Fülle von Stimmungen, die souverän bewältigt werden. Insgesamt ein tiefsinniger Beginn.

 
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