Nürnberg
08.11.2018 - 17:00 Uhr

Hochstapler mit Tiefgang

Spätestens wenn man Frank kennen lernt, weiß man: "Fake News" sind keine Erfindung der Neuzeit. Über Jahre hinweg gibt er sich als Pilot, Arzt oder Anwalt aus und erschwindelt sich - noch vor seinem 21. Geburtstag - ein immenses Vermögen.

„Catch Me If You Can“ garantiert eine witzige, temporeiche Show, in der der geniale Hochstapler Frank W. Abagnale die entscheidenden Situationen seines Lebens im wahrsten Sinne des Wortes Revue passieren lässt, musikalisch unterlegt mit einer Liebeserklärung an den Sound der 60er. Bild: Pedro Malinowski
„Catch Me If You Can“ garantiert eine witzige, temporeiche Show, in der der geniale Hochstapler Frank W. Abagnale die entscheidenden Situationen seines Lebens im wahrsten Sinne des Wortes Revue passieren lässt, musikalisch unterlegt mit einer Liebeserklärung an den Sound der 60er.

Das Musical "Catch me if you can", 2011 am Broadway uraufgeführt, beruht auf den Memoiren des raffinierten Hochstaplers Frank W. Abagnale und dem gleichnamigen Film von Steven Spielberg. Im Staatstheater ist die hinreißende Gaunerkomödie nun als temporeiches Katz-und Maus-Spiel zu erleben - und der Applaus am Ende zeigt: Nürnberg liebt (zumindest diese Form von) Fake News. Eigentlich handelt es sich dabei ja auch nicht um eine Falschmeldung, es gab ihn wirklich: Als Sohn aus zerrüttetem Elternhaus ergaunerte sich Frank W. Abagnale Jr. durch Scheckbetrug rund 2,5 Millionen US-Dollar. Nachdem er 1969 in Frankreich verhaftet worden war, wurde er in die USA ausgeliefert und zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Nach strafmildernder Zusammenarbeit mit dem FBI machte er sich selbstständig. Seine Firma Abagnale & Associates entwickelte fälschungssichere Checks und machte seinen Unternehmer zum mehrfachen Millionär.

Nötiges Charisma

In Nürnberg inszeniert Gil Mehmert die Story, die Steven Spielberg 2002 als Kinohit über die Leinwände flimmern ließ. Und es sind keine Fake News: Stars wie Leonardo DiCaprio oder Tom Hanks vermisst man bei der dreistündigen Aufführung im Opernhaus nicht, erlebt man hier doch ebenbürtige Rollen-Zauberer. David Jakobs als Frank verfügt über das nötige Charisma und ein Selbstbewusstsein, das bis in die letzte Theaterreihe ausstrahlt. Mit spielerischer Leichtigkeit und einem schelmenhaften Grinsen im Gesicht meistert er die Herausforderungen seines Gauner-Lebens.

Kauziger Sonderling

Und die sind hart, schließlich ist ihm ein gewiefter FBI-Agent auf den Fersen. Rob Pelzer in der Rolle des Jägers Carl Hanratty will ihn zur Strecke bringen. Unerbittlich, mit echtem Ethos, zugleich einsam und ein kauziger Sonderling, lässt er nicht locker, ohne zu merken, wie aus dem lockeren Verhältnis eine feste Bindung wird. Mag es der Vaterersatz sein oder gegenseitige Bewunderung - immer mehr werden sie zu Schicksalsgefährten, die nicht mehr voneinander loskommen.

Franks Liebe zu der Krankenschwester Brenda Strong (sehr präsent: Inga Krischke) nutzt der FBI-Agent, um seinen Kontrahenten endlich dingfest zu machen: "Jeder macht einmal einen Fehler!"

Vieles ist zu loben: die wunderbaren Kostüme und Uniformen der 60er Jahre, der beschwingte Beat, Soul und Jazz der zwölfköpfigen Band, die temporeichen und atemberaubenden Szenenwechsel und der Witz, der jede Sekunde auffunkelt. Bei dieser Inszenierung fehlt nichts, nicht einmal ein paar Anspielungen auf die "Fake News"-Welt von Donald Trump. Wobei es einen gewaltigen Unterschied gibt: Abagnale wurde im echten Leben durch seine Fakes zur ehrlichen Haut. Die "Wahrheit" erzählte Frank, der heuer seinen 70. feierte, übrigens einmal im Interview: Es sei nicht allein das Geld gewesen, das ihn zum Betrüger werden ließ: "PanAm-Uniformen sind auch deshalb wertvoll, weil man mit ihnen manch reizvolle Stewardesse kennenlernt." Kein Fake! www.staatstheater-nuernberg.de

 
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