Nürnberg.Dass Sprechgesang eine explosive Kraft entwickeln kann, zeigte sich bei der Echo-Verleihung im April dieses Jahres. Nachdem die beiden Gangster-Rapper Farid Bang und Kollegah nominiert waren, äußerte sich Campino von den Toten Hosen überaus kritisch: "Die Grenze ist überschritten, wenn es sexistisch, homophob, rechtsextrem und antisemitisch wird." Viele aus der Musikbranche gaben ihre einst verliehenen Trophäen zurück. Es ist deshalb mutig, beim 43. Bardentreffen in Nürnberg, vom Freitag, 27. bis Sonntag, 29. Juli, den Rap in den Fokus zu rücken.
"Sprechsänger erobern nicht erst seit gestern die Dancefloors der Clubs und die Konzertbühnen weltweit", gibt Rainer Pirzkall zu. Neu aber sei die Erkenntnis, dass Hip-Hop und R'n'B im Jahr 2017 als Genres in den USA am meisten gehört wurden und Rockmusik auf den zweiten Platz verwiesen haben. "Gerade bei jungen Hörern hat Rockmusik ihre Relevanz fast vollständig verloren", ist der künstlerische Leiter des Bardentreffens überzeugt. Rap, eigentlich afroamerikanisch, habe seit den 1980er Jahren von der East- und der Westcoast der USA die Welt erobert.
Rund 100 Konzerte mit Gästen aus allen fünf Kontinenten, da fällt die Auswahl schwer. Drei Highlights sollte man aber nicht verpassen: Am Freitag, 27. Juli, ist das die genderqueere Soulsängerin Liniker, die ab 19 Uhr mit ihrer Band "e os Caramelows" auf dem Hauptmarkt für brasilianisches Tanz-Feeling sorgt. Ihre EP "Cru" hatte auf Youtube bereits über 10 Millionen Zuschauer. Am Samstag, 28. Juli, präsentiert die jordanische Band "47Soul" auf der Insel Schütt ihren Shamstep-Sound, eine Mischung aus Hip-Hop und Pop mit arabischen Roots-Klängen. Am Sonntag sollte man bei "Yasmo & Die Klangkantine" aus Österreich im KulturGarten vorbeischauen. Im Rap- und Jazz-Gewand wird über Migration, Feminismus, Politik und Digitalisierung philosophiert.
Die Künstler des Bardentreffens zeigen, wie vielfältig die "Message" des Rap ist. Was diese Wortakrobaten und Silbenjongleure zum Ausdruck bringen, ist nicht nur hohe technische Kunst, sondern auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. So dichtet die in Wien lebende Rapperin Yasmo: "Am Tellerrand der Gesellschaft, da gibt es Andrang." Und Nina Sonnenberg alias Fiva (Freitag, Hauptmarkt") textet: Deutsche kämpfen um Liegen, nicht um Perspektiven". Wie würde Martin Luther angesichts dieser modernen Nachfolger von Konstantin Wecker und Hannes Wader sagen? Es lohnt sich, "ihnen aufs Maul zu schauen!" www.bardentreffen.nuernberg.de
Nürnberg
11.07.2018 - 16:51 Uhr
Rhythmische Wortspieler und kritische Poeten
von Günter Kusch
Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Meistgelesene Artikel

E-Mail eingeben
Sie sind bereits eingeloggt.
Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.