Oberpfalz
24.02.2025 - 09:45 Uhr

Frisch gepresst: Musiktipps von Hubert Schober

Was man nicht alle Tage hat: Musik aus dem Iran und den Ladiner Bergen. Beides jedoch hörenswert.

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

Maria De Val - Mëda Medusa (Inselgruppe)

Maria De Val - Mëda Medusa (Inselgruppe) Bild: Inselgruppe
Maria De Val - Mëda Medusa (Inselgruppe)

Die Ladinerin aus den Bergen heißt eigentlich Maria Moling, singt fast ausschließlich auf Englisch und bedient ein beachtliches Repertoire an Instrumenten selbst. Dieses Können genoss unter anderem Hubert von Goisern, nun ist sie als Solistin unterwegs. Flexibilität einerseits und Sehnsucht nach dem eigenen Ort andererseits spiegeln sich als Yin und Yang in ihrer ureigenen Perspektive auf die Welt in ihrer Musik. Klanglich im unnachahmlichen De Valschen Collagen-Stil, wenn sie Indie-Folk mit Elementen aus italienischer und südamerikanischer Musikkultur verwebt, wie beispielsweise in „None of Us Cannot Be Wrong“. Als Theater-Komponistin pendelt sie spielerisch zwischen den musikalischen Dekaden der 70er und 90er. Woodstock-Feeling durchzieht ihre Songs ebenso wie die Sampling-Technik des Hip-Hop und ihr Faible für synthetische Klänge. Auffällig neben den geschickt verschachtelten Ohrwürmern ist ihre Variabilität: Auch Freunde von 80er-Hits („Stone in the Rubble“) und 00er-Experimental-Pop à la CocoRosie „As We Both Knew Before“ werden umschmeichelt.

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Early James – Medium Raw (Universal)

Early James – Medium Raw (Universal) Bild: Universal
Early James – Medium Raw (Universal)

Dan Auerbach hat den Americana-Musiker in das „Honky Chateau“, ein altes Anwesen in Nashville verfrachtet und einen Haufen betagtes, analoges Aufnahmeequipment mitgebracht. Nur mit Bassist Adrian Marmolejo, dem Schlagzeuger Jeff Clemens (G. Love) und Perkussionist Sam Bacco wurden dann sieben James-Originalen – sechs bisher unveröffentlichte Nummern und der Fanfavorit „Dig To China“ – sowie Songs, die er zusammen mit Auerbach und der Top-Songwriterin aus Nashville, Pat McLaughlin („I Got This Problem“), Sheryl Crows häufigem Kollaborateur Jeff Trott („Nothing Surprises Me Anymore“), dem Roots-Singer-Songwriter Langhorne Slim („Go Down Swinging“), dem irischen Songwriter Mick Flannery („Upside Down Umbrella“) und James' ehemaligem Mitbewohner in Birmingham, Ryan Sobb („Unspeakable Thing“), eingespielt. Diese Minimalismen klingen dann ein wenig nach Tom Waits aber auch nach Hank Williams und stellen die humorvollen Texte und die bärbeißigen Gesänge unseres Protagonisten in den Mittelpunkt.

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Evgeny Grinko – Winter Moonlight (Nettwerk)

Evgeny Grinko – Winter Moonlight (Nettwerk) Bild: Nettwerk
Evgeny Grinko – Winter Moonlight (Nettwerk)

Weil er gegen den Krieg in der Ukraine protestiert hatte, musste der Musiker seine Heimat Russland verlassen und lebt nun in Berlin und Istanbul. Hört man diese zart-verspielten Klavierstücke kann man sich nicht vorstellen, dass seine Karriere mal als Schlagzeuger in einer Punk-Band begann. Evgenys Spiel ist flüssig, romantisch und fragil, voller Eleganz, man kann jede Note wie einen guten Schluck Wein genießen und wenn dazu ab und an noch Streicher einsetzen, wird es vielleicht auch mal traurig und melodramatisch, am Ende scheint aber doch immer wieder die Sonne. Max Richter oder Philip Glass lassen grüßen.

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Ten Fé - Still In Love (PIAS)

Ten Fé - Still In Love (PIAS) Bild: PIAS
Ten Fé - Still In Love (PIAS)

Die Briten haben ihr drittes Album in nur fünf Tagen live in den ICP-Studios in Belgien aufgenommen. Dabei galt nicht die Devise „Ist das gut?“ sondern „Macht das Spaß?“. Und ja, dieses Album macht wirklich Spaß, hat es nicht ausnahmslos catchy Melodien, die irgendwo zwischen Steely Dan, Kurt Vile, The War On Drugs, Big Thief und vielleicht noch Fleetwood Mac herum schwirren. Diese Songs können groß und glamourös, aber auch ganz bescheiden daher kommen, irgendwie klingen sie immer cool, relaxt und abgeklärt ohne aber die nötige Empathie vermissen zu lassen. Einzig auf „Caroleen“ kippt der Song dann auch schon mal in Richtung Schmalz & Kitsch. „Still In Love“ ist ein definitives Sommer-Album, beziehungsweise macht schon jetzt Lust darauf, wieder mal im Cabrio gegen den Sonnenuntergang zu düsen.

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Chris Eckmann – The Land We Know The Best (Glitterhouse)

Chris Eckmann – The Land We Know The Best (Glitterhouse) Bild: Glitterhouse
Chris Eckmann – The Land We Know The Best (Glitterhouse)

Für den Vorgänger "Where the Spirit Rests" gab's 2021 den Preis der Deutschen Schallplattenkritik. Der ehemalige Walkabouts-Frontmann könnte ihn auch in diesem Jahr gewinnen, denn das neue Opus reiht sich wie eine Perle in die makellose Kette hervorragender Veröffentlichungen ein. Aufgenommen hat der Singer/Songwriter einmal mehr in Ljubljana mit einer Reihe befreundeter Musiker aus Slowenien. Die immer wieder auftretenden majestätischen Streicher hat Catherine Graindorge (Iggy Pop, Nick Cave) arrangiert. Echmann singt sich durch ein atmosphärisch dichtes Repertoire und lässt seine Streifzüge durch die unberührte Natur seiner Wahlheimat mit einfließen. Die Melodien sind getragen bis melancholisch, von einer diffusen Dämmerung und Dunkelheit durchdrungen, klingen dabei aber weder dystopisch noch verzweifelt. Es sind Lieder, die berühren ohne gleich aufdringlich zu sein. Typisch Eckmann halt.

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Saba Alizadeh – Temple Of Hope (30M Rec)

Saba Alizadeh – Temple Of Hope (30M Rec) Bild: 30M Rec
Saba Alizadeh – Temple Of Hope (30M Rec)

Der iranische Komponist thematisiert die politischen und sozialen Unruhen in seiner Heimat. Das Werk ist eine Hommage an das iranische Volk. Gleichzeitig reflektiert es die „Woman Life Freedom“-Bewegung und die langjährigen Kämpfe der Bevölkerung. Diese Themen übersetzt Saba Alizadeh in eine eindringliche elektro-akustische Klangsprache, mischt traditionelle Instrumente mit einem ganzen Arsenal an Synthesizern und einem Orchester. Das Album beginnt mit einer markanten Ansage seines Namens, bevor sich der erste Track wie epische Filmmusik entfaltet. Der Klang erinnert an die monumentalen Werke von Hans Zimmer, mit kräftigen Schlagzeugen und Synthesizern, die eine nahezu filmische Atmosphäre schaffen. Doch „Temple Of Hope“ entwickelt sich schnell weiter. In „Beauty Of Politics“ tritt erstmals Gesang in den Vordergrund. Allerdings auf eine experimentelle Weise, die sich von traditionellen Strukturen entfernt. Der Track „Woman Of Fire“ wird anschließend von einer kraftvollen, weiblichen Stimme getragen, die die emotionale Tiefe des Stücks verstärkt, während „Plain Of The Free“ mit Prozessstimmen eine zusätzliche Dimension erhält und so die gesellschaftspolitische Aussage des Albums verstärkt. Die Rufe der Menschen, die 2021 im „Aufstand der Durstigen“ ihr Recht auf Wasser forderten, hallen durch die Musik und erzeugen eine klaustrophobische Stimmung.

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