Richard Dawson – End Of The Middle (Domino)
Richard Dawson, der englische Barde und experimentelle Musiker scheint in einer direkten Ahnenfolge mit Troubadix, dem Barden aus Asterix & Obelix, zu stehen. Was hier aus dem Kehlkopf des 44-Jährigen dringt, kann man nur als mutig bezeichnen. Und auch die windschiefen, nach Mittelalter klingenden Folk-Melodien sind gewöhnungsbedürftig und ähnlich schräg wie seine Alltagsgeschichten über träumende Omas, Hobbygärtner oder frustrierte Väter. Irgendwie gewinnt man den Zausel dann aber doch lieb, denn dieser Minimalismus aus Akustikgitarre, Bass, Schlagwerk und ab und an destruktivistisch trötenden Klarinetten hat einfach den Charme des Underdogs.
The Weather Station – Humanhood (Fat Possum)
Mit ihrem Album zum Thema Klimawandel, passend „Ignorance“ betitelt, schaffte die kanadische Singer/Songwriterin Tamara Lindeman aka The Weather Station den internationalen Durchbruch. Auf dem schön mit „Menschentum“ getitelten siebten Werk, setzt sie sich mit sich selbst und ihren dysfunktionalen Störungen auseinander und setzt sie in Bezug zur Weltlage und ihrer direkten Umgebung. Konnte man ihre Anfänge noch gemeinhin als Folk bezeichnen, hat sich Lindeman Schritt für Schritt geöffnet und weiterentwickelt, so dass es jetzt auch um Art-Pop, Indie-Rock und vor allem Jazz geht. Verzwackte Rhythmen treffen auf Saxofone und Flöten, Klaviere setzen Akzente, die Synthis weben fragile Grundierungen. Und über allem thront diese sanfte, gutmütige aber dennoch kraftvolle Stimme, so dass man nicht umhin kommt, sie als würdige Nachfolgerin ihrer Landsmännin Joni Mitchell zu würdigen.
Wishbone Ash – At The BBC 1970-1988 (Madfish)
Na da dürfen sich hartgesottene Fans ein hübsches Ei ins Osternest legen, dass zudem noch auf 2000 Exemplare limitiert ist! Das Set vereint 119 rare und restaurierte Aufnahmen, die größtenteils zwischen 1970 und 1988 von der BBC aufgezeichnet wurden und aus Sendungen wie "John Peel", "Top Gear", "Sounds Of The 70s", "The Friday Rock Show" und "The Old Grey Whistle Test" stammen. Neben den Studio-Sessions enthält die Box auch Live-Mitschnitte aus Konzerten der 70er und frühen 80er Jahre, darunter Performances aus dem Hammersmith Odeon (1978, 1980, 1981 und 1988), Paris Theatre (1974), Glasgow Apollo (1977) und Wembley Empire Pool (1979). Komplettiert wird die Box durch eine DVD mit zehn Tracks aus "The Old Grey Whistle Test". Und natürlich darf auch ein Büchlein nicht fehlen. Als CD- aber auch Vinyl-Edition erhältlich.
The White Album – Borders (Eigenproduktion)
Die Kapelle aus Dänemark heißt wirklich so: The White Album. Mit den Fab Four hat das aber nichts zu tun, Jakob, Claus und Frederik haben sich eher dem Folk verschrieben. Der wird hier aber nicht klassisch zelebriert, sondern mit Indie-Rock und -Pop verwoben. Wirklich ergreifend gelingt dies im atmosphärischen Opener „Switzerland“, der mit dreistimmigen Gesang, hymnischen Melodien und einer beherzten E-Gitarre tiefe Gefühle der Melancholie auslöst. Das folgende „Malibu“ ist dagegen ansteckend fröhlich und der Stimmungswechsel abrupt. Mit „Scars & Broken Porcelain“ kehrt das Trio dann wieder zur stimmungsvollen, dunkel schimmernden Ballade zurück um bei „Just For Us“ einer Art Westcoast-Yacht-Pop zu frönen. Das Album schließt mit der minimalistisch-akustischen Folk-Skizze „The OLED Sun“, was gut ist, denn die eher betulichen Songs gelingen einprägsamer und nachhaltiger.
Hyldon & Adrian Younge - Olhos Castanhos (Jazz Is Dead)
Das ist nun schon die 23. Folge der "Jazz is dead"-Reihe. Dabei gräbt Adrian Young jeweils einen interessanten, aber schon etwas in Vergessenheit geratenen Kollaborateur aus dem Jazz-, Soul- oder Funk-Bereich aus und nimmt mit ihm ein Album auf. Die sind bis dato immer extrem spannend ausgefallen, und der brasilianische Sänger, Musiker und Produzent Hyldon macht hier keine Ausnahme. Das Duo ließ sich dabei stark von Hyldons bahnbrechendem Œuvre aus den 60er- und 70er Jahren inspirieren, mischt MPB, Tropicália, Black American R&B, Soul, Funk und natürlich den Samba zu einem psychedelisch schimmernden Cocktail, der zum Swingen beim Sundowner einlädt. Zudem ist „JID023“ eine der letzten Aufnahmen mit Hyldons langjährigem Mitarbeiter und Freund, dem legendären, aber inzwischen verstorbenen Schlagzeuger Ivan "Mamao" Conti von Azymuth.
Gary Louris - Dark Country (Thirty Tigers)
Na wer sitzt denn da etwas leicht bekleidet auf der Treppe des dritten Solo-Albums des Jayhawks-Frontmanns? Ziemlich sicher ist es seine Frau Stephanie, denn der ist dieses Album gewidmet. Es ist ihr nicht nur gewidmet, es ist ein einziger, zwölf Songs langer Liebesbrief an die Gattin. Entsprechend persönlich und intim sind daher auch die Texte ausgefallen, die Louris mit minimalistischen Arrangements in Szene setzt. Oft sind es nur die Akustikgitarre und seine markante Stimme. Ab und an ein Klavier, die Pedal-Steel oder auch mal ein Streicharrangement von Eleanor Whitmore. Es brauchte nicht viel für diese Liebeserklärung, außer Ehrlichkeit und tiefe Zuneigung.
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