Σtella (Stella) – Adagio (Cargo)
Man kann es bereits an der Schreibweise erkennen: Wir haben es hier mit Griechenland zu tun. Nun ist Pop aus diesem Lande ja nicht gerade der Exportschlager, man kennt -ist man bereits ziemlich alt- noch Aphrodite`s Child und dann fällt einem noch die Gastarbeiter-Hymne, „Griechische Wein“ von Udo Jürgens ein. Ansonsten. Retsina, Ouzo, Gyros und Suflaki. Die Singer/Songwriterin Σtella kann man nun dazu addieren und man muss dazu auch überhaupt nicht griechisch sprechen, nur zwei Songs sind in ihrer Landessprache verfasst. Ansonsten gibt es locker flockige, internationale Pop-Musik zwischen Sade und Matt Bianco mit pulsierenden digitalen und analogen Perkussion, psychedelisch angehauchten Keyboards, nylonbesaiteten Gitarren und einer sanft intonierenden Sängerin, die vor allem eines ausstrahlt: Lässigkeit.
Panchiko – Ginkgo (Nettwerk)
Es gab in den 80/90ern mal eine deutsch-japanische Kapelle namens Panchiko Fake und die spielte sogar im Weidener JuZ. Damit haben die Engländer allerdings nichts zu tun, auch wenn deren eigentliche Gründung auch schon ein Vierteljahrhundert zurück liegt. Aber das ist eine andere Geschichte. „Ginko“ ist jedenfalls erst das zweite Album und es klingt deutlich stringenter und durchorganisierter als das ausfransende Debüt. Die Combo mischt hier Shoegaze mit TripHop-artigem, lässt ein wenig Ambient-Keyboards anklingen, kann aber auch einfach nach Brit-Pop und Dream-Pop mit Schmackes klingen, deftige Hymnen inklusive.
Mekons – Horror (Cargo)
Seit 50 Jahren ist die Kapelle von Jon Langford nun schon der Stachel im gut situierten, konservativem englischem Reihenhaus. Und nicht nur da! Langford knöpft sich die Schlechtigkeit der Welt, b.z.w. deren Bewohner vor, schimpft und wettert und das mit besten Zutaten aus Punk, Polka, Walzer und Pop. Der Zeigefinger wird hier schnell zum Stinkefinger. So auch auf dem gefühlt 30. Album der ehemaligen Kunststudenten, das sich mit der Geschichte und dem Erbe des britischen Imperialismus auseinandersetzt. Die Texte werden von ihrem typisch eklektischen Sound begleitet, der Dub, Country, Noise, Rock'n'Roll, Electronica, Punk, Music Hall, Shanty und Polka in sich vereint und bei dem Susie Honeymans Geige immer wieder melancholisch-romantische Akzente setzt, die in harschem Gegensatz zum schroffen Punk-Rock und Schlachtruf von etwa „War Economy“ stehen.
Tamino - Every Dawn's a Mountain (Virgin)
In Langform heißt der belgisch-ägyptische Singer/Songwriter Tamino-Amir Moharam Fouad und ist ein Enkel des Sängers und Filmstars Muharram Fouad. Das Erbe aus dem Nil Land schlägt sich in Form der häufig zu hörenden Oud nieder, es dominiert aber die Akustik-Gitarre die neben der sanften, eindringlichen Stimme die Basis aller Songs darstellt. Überhaupt ist dieses dritte Album sehr zurückhaltend instrumentiert, obgleich mit PJ Maertens, Eric Heigle (Arcade Fire, Dawn Richard), Alessandro Buccellati (Arlo Parks, SZA), Chris Messina (Bon Iver, Big Red Machine), Zach Hanson (Bon Iver, Sylvan Esso) und Jo Francken gleich sechs (!) Produzenten involviert wurden. Hört man diesen schlichten Liedern über Verlust, Verdrängung, Trennung und dem Loslassen der Vergangenheit nicht an. Im ergreifenden „Sancturary“ duettiert er mit Mitski und man wird einfach das Gefühl nicht los, dass sich hier einer als neuer Jeff Buckley begreift -was ja eine der interessantesten Optionen ist.
Adrian Younge - Adrian Younge presents Something About April III (Linear Labs)
Younge kennt man ja vorwiegend wegen seiner superben Jazz Is Dead-Reihe, bei der er immer neuen Kollegen eine Bühne gibt. Diese Veröffentlichung schließt nun seine psychedelische Soul-Trilogie ab und dabei taucht er tief ein in die Musik Brasiliens. Das Album verbindet den filmischen Soul des Black America mit den lebendigen, psychedelischen Klängen der Vergangenheit Brasiliens und ist eine zukunftsweisende Hommage an musikalische Traditionen. Younge lebt natürlich auch hier seine schon manische Leidenschaft für analoge Sounds aus. Mit verwischten Drum-Breaks und analogen Synthesizern schafft die Platte eine zeitlose und doch bahnbrechende Klanglandschaft. Das Album enthält üppige Arrangements eines 30-köpfigen Orchesters, das Younge sowohl arrangiert, als auch dirigiert hat. Auf der Suche nach einer neuen Klangtextur beschäftigte er sich intensiv mit dem Kontrabass, den er ebenso wie alle anderen Instrumente der Rhythmusgruppe spielte. Im Mittelpunkt des Projekts steht der Gesang, der in einem der letzten verbliebenen Analogstudios in São Paulo auf Band aufgenommen wurde. Mitwirkende sind die gefeierten brasilianischen Künstler:innen Céu, Luiza Lian, Miguel Lian Leite, Antonio Pinto und Manu Julian. Diese Stimmen, die aufgrund ihrer einzigartigen Kunstfertigkeit handverlesen wurden, verleihen Younges filmischer Vision Tiefe und Authentizität. Auch wer des Portugiesischen nicht mächtig ist, wird das Meisterliche an diesen Aufnahmen mühelos erkennen können.
Various Artists - Krautrock Eruption – An Introduction To German Electronic Music 1970-1980 (Tapete)
Der Begriff des Krautrock ist weit gefasst, darunter tummeln sich so unterschiedliche Kapellen wie Birth Control, Jane, Novalis, Hölderlin, Amon Düül, Can oder Tangerine Dream. Dieser Sampler hier, in Zusammenarbeit mit dem Label Bureau B entstanden, widmet sich ausschließlich der experimentellen und elektronischen Sparte des Kraut-Rock. Zusammengestellt von Wolfgang Seidel, Mitglied von Conrad Schnitzler’s Band Eruption und Mitbegründer von Ton Steine Scherben, versammeln sich hier Künstler wie Faust, Cluster, diverse Roedelius-Kolloborationen, Pyrolator und eher Unbekanntere wie Riechmann, Günter Schickert oder Asmus Tietchens. Man kann diee Musik auch Lesen, denn Seidel hat auch ein lesenswertes Buch zum Thema veröffentlicht.
Elephant – III (Excelsior Recordings)
Die Rotterdamer kommen vordergründig als nette Indie-Pop-Kapelle von nebenan daher, aber ihr drittes Album steckt voller Überraschungen. Da hat es seltsame Vocoder-Stimmen, an Hip-Hop erinnernde Rhythmus-Pattern, wabernde Syntis oder stoische Kraut-Rock-Repetitive. An anderer Stelle scheint den Niederländern wieder die Sonne aus dem Indie-Popo, dabei besingen sie doch die Schattenseiten des Lebens. Anyway, diese Melodien sind jedenfalls allesamt recht abwechslungsreich und interessant um nicht gehört zu werden. Für Fans von Alt-J bis zu Nada Surf (mit denen sie übrigens auf Tour waren) Beach People oder auch Khruangbin wenn’s mal zu verschwurbelt wie auf „Trust Me I Feel It Too“ wird. Und man höre und staune, ein introspektives Gitarren-Stück wie „Tried To Sleep“ hatte auch auf einem Nick Drake-Werk eine gute Partie gemacht, Al Di Meola-Extravaganza inklusive.
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