Joanne Shaw Taylor – Heavy Soul (RTD)
Einst im zarten Alter von 16 Jahren von Dave Steward entdeckt, veröffentlicht die britische Musikerin ihre Alben inzwischen auf Joe Bonamassas Plattenlabel. Der Titel des aktuellen Albums ist dabei irreführend, denn richtigerweise müsste es (natürlich) „Heavy Blues“ heißen. Obgleich: diese Scheibe klingt schon auch nach Memphis, auf alle Fälle nach Amerika, hat fette Background-Chöre oder auch mal eine wummernde Soul-Orgel. Kevin Shirley (Black Crowes, Journey, Aerosmith) hat überraschend spartanisch produziert, konzentriert sich vor allem auf diese überragende, kratzige Stimme und lässt die Künstlerin schöne kleine Solis abfeuern, die nie aufdringlich und darum um so intensiver wirken. Bei Joanne Shaw Taylor treffen einfach solides Songwriting auf eine einzigartige Stimme und eine enorme Fingerfertigkeit.
Daniel Davies – Ghost of the Heart (Cargo)
In den letzten zehn Jahren hat sich Daniel zu einem gefeierten Komponisten atmosphärischer, synthielastiger Instrumentalmusik entwickelt – für Film- und Fernseh-Musik, an der Seite von John Carpenter auf den "Lost Themes"-Alben des Regisseurs und auf Solo-Veröffentlichungen wie "Signals And Spies". In seinem früheren musikalischen Leben war er jedoch ein Rocker, der mit Bands wie Year Long Desaster und Karma to Burn durch die ganze Welt tourte. Mit seinem neuen Solo-Album kehrt er zu dem Alt-Rock-Sound zurück, den er vorübergehend beiseitegelegt hatte, und ergänzt ihn mit dem, was er beim Produzieren von Soundtracks und Instrumentalmusik gelernt hat. Das Ergebnis ist ein schwer stampfender, harter, zäher Rock-Sound, gespickt mit leisen, atmosphärischen, luziden Zwischenspielen. Am Ende gibt es aber doch immer wieder eine auf die Fünf.
Nola Kin – Mayhem (Orange Peel Rec)
Die Schweizer Singer/Songwriterin ist eine typische Vertreterin ihres Genres, geht es um die Inhalte dieser introspektiven Songs über das eigene Ich. Musikalisch wagt sich die Musikerin aber ein wenig über den Tellerrand hinaus, bezieht neben der Folk-Basis auch Rock-, Blues- und Country-Elemente mit ein. Man hört eine Slide-Gitarre, ein Banjo, auch mal ein Saxophon und immer wieder üppige Chöre. Eine Joni Mitchell wird sie damit natürlich nicht, man denkt eher an Bon Iver, Blake Mills oder Dijon.
Sean Koch – Marching On (Tic Tic Bang)
Koch, der Singer/Songwriter aus Kapstadt denkt über den Lauf der Zeit und die damit verbundenen, unvermeidlichen Veränderungen nach, sinniert über das Älterwerden (er ist selbst noch recht jung), sinniert über Heimat, Naturverbundenheit und die Liebe zu die Menschen. Feine Folk-Pop-Weisen, auch mal Reggae-garniert („Give Thanks“) lassen an Kollegen wie Jack Johnson, Dope Lemon, Angus & Julia Stones, Xavier Rudd oder Mighty Oaks denken. „Live For Love“ hat mit seinen afrikanisch anmutendem Rhythmus gar etwas von Vampire Weekend.
Margo Guryan – Words And Music (Cargo)
Die 1937 geborene und 2021 verstorbene Musikerin hat zeitlebens nur eine einzige Platte veröffentlicht. Das war 1968. Das lag vor allem daran, dass sie sich weigerte, überhaupt live aufzutreten, zudem erachtete man ihre recht mädchenhafte Stimme als nicht tragfähig genug. So wurde sie von Jerry Wexler und Ahmet Ertegun für das renommierte Atlantic-Label als Songwriterin verpflichteten, wo sie für Künstler wie Chris Connor, Harry Belafonte, Julie London, Dizzie Gillespie, Nilsson oder Saint Etienne Songs schrieb. Die erste Schaffensphase war also dem Jazz verpflichtet. Inspiriert von den Beach Boys, begann sie dann, sich der (psychedelischen) Pop-Musik zuzuwenden. Auf drei Schallplatten erscheint nun fast alles, was die Künstlerin jeweils aufgenommen hat, es ist eine Mischung als frühen Jazz-Aufnahmen im Trio, später angereichert durch Bläser und späteren Aufnahmen mit psychedelischer Kammerpop inklusive Wurlitzer-Orgel, Mellotron und Streichern.
DIIV – Frog In Boiling Water (Universal)
Man möchte nicht unbedingt ein Frosch im kochend heißen Wasser sein. Und was der Vierer hier zelebriert, ist auch nicht gerade die Mucke für die nächste Geburtstagsparty. Okay, wenn man das Älterwerden wie auch die Welt an sich und das eigene Dasein eher beschissen findet, könnte diese Frosch-Suppe der ideale Soundtrack dazu sein. Schwer wälzen sich Feedback-Gitarren, der Sound ist voller Hall, Zachary Cole Smiths Stimme dringt zerdehnt und mystisch-verhangen durch diesen düster-dunklen Mahlstrom aus Post-Rock, Shoegaze und Dark Wave. My Bloody Valentine lassen grüßen.
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