Darwins - Day For A Carcrash (Scarecrow)
In den 90ern zählten die Darwins, neben Fury in The Slaughterhouse und Terry Hoax, zu den Größen der Hannoverschen Pop-Rock-Szene. Ihr zweites Album erschien nie. Nicht etwa, weil sich die Band im Streit trennte, wie so viele. Nach den liebevollen Aufnahmen zum zweiten Album passierte das Unfassbare – Ulrich Haupt, der Bassist der Band, kam bei einem brutalen Überfall im Urlaub in Sri Lanka ums Leben. Der Schock über den plötzlichen Verlust ihres Freundes und die unendliche Trauer paralysierten die Band nachhaltig. Das Album verschwand in der Schublade und die Band fand schließlich ihr unglückliches Ende, ansonsten wäre die Kapelle - wie die Genannten auch - sicherlich einmal in Weiden aufgetreten. Hört man sich diese in die Jahre gekommenen Aufnahmen, fällt es fast schwer, kein Tränchen zu verdrücken, hatte dieser Pop-gefärbte Indie-Rock doch wirklich internationale Klasse. Ohrwurm-Melodien paaren sich mit druckvollen Gitarren und einem ordentlichen Drive und Sänger Hanno v. Daniels klingt eher nach UK denn nach dem westfälischen Flachland. Eine einsame Perle.
Jake Xerxes Fussell - When I´m Called (Fat Possum)
Auch wenn der erste Song „Andy Warhol“ heißt, mit einem Velvet Underground-artigen Sound hat der Mann aus South Carolina absolut nichts am Stetson. Sehnsüchtiger, zart instrumentierter Folk mit Country- und Pop-Note wird hier gereicht, den er mit manchmal strauchelndem Bariton voller Inbrunst und Emphase vorträgt. Wenn auch die Arrangements sehr zurückhaltend und minimalistisch gehalten sind wird mit Beiträge von Produzent James Elkington (Gitarre, Klavier, Dobro, Synthesizer, Orgel, Pedal Steel, Mandola, Mundharmonika, Arrangements), Blake Mills (Gitarre), Joan Shelley (Gesang), Ben Whiteley (Bass), Joe Westerlund (Schlagzeug, Perkussion), Robin Holcomb (Gesang), Anna Jacobson (Blasinstrumente), Jean Cook (Streichinstrumente) und Hunter Diamond (Holzbasinstrumente) am Ende ein ganzer Musikalienladen aufgefahren, der von Tucker Martine (Decemberists, R.E.M., The National, The Jayhawks, k.d. Lang, etc) atmosphärisch stimmig gemischt wurde.
Sean Koch – Marching On (Tic Tic Bang)
Den Singer/Songwriter aus Kapstadt auf das Folk-Genre zu reduzieren greift viel zu kurz. Koch erzählt seine berührenden Geschichten über das Erwachsenwerden und die Schönheit der Natur bereits im zweiten Stück, „Give Thanks“ zu lockeren Reggae-Rhythmen -und erinnert damit ein wenig an Jack Johnson oder Dope Lemon. Das Hit-verdächtige „Old Kid“ evoziert dann eher Xavier Rudd oder Angus & Julia Stone und am Ende, beim flotten „Let It Go“ pfeift uns der Künstler noch eins. Eine schöne, kleine, euphorisch-beschwingte Wohlfühl-Platte für den Sommer.
Roddy McKinnon – Time Is A Dog (Silberblick Musik)
Es läuft gerade nicht so gut für den schottischen Singer/Songwriter. Angefangen als Gitarrist in diversen Punkbands, später dann Sidekick des deutschen Kollegen George Leitenberger kollidierten die Aufnahmen zu seinem zweiten Album nicht nur mit Covid, sondernd vor allem mit einer Krebsdiagnose. Die Zeit ist ein Hund, sie kann einem davonlaufen und auch beißen. McKinnon singt zwar über bekannte Singer/Songwriter-Themen wie das Leben, den Tod, die Liebe, Sex und Sünden, betrachtet dieses Werk aber auch als eine Art Selbsttherapie. Die Stimme etwas zittrig, das Fingerpicking sanft, Produzent Andreas Albrecht hat im Nachhinein nur noch einige wenige atmosphärische Akzente dazu gesetzt, ist diese Platte eine ganz intime, eine zum aufmerksamen Zuhören geworden.
Crack Cloud - Red Mile (Cargo)
Die kanadischen Post-Punker sind unter die Kunststudenten gegangen. Vor allem „Blue Kite“ mit seinen Streichern klingt schon mehr nach Art-Pop, denn nach Punk -wären da nicht diese grimmig gebellten Vocals und die etwas zu giftigen Gitarren. Und auch das verhaltene, symphonische „Lack Of Lack“ tanzt aus der Reihe und würde sich gut auf einem Prog-Rock-Album machen. Kaum glaubt man die Jungs in einer Schublade gefangen zu haben, winden sie sich wieder heraus und überraschen mit neuen Wendungen und Einfällen. Das wunderschöne „Lost Of The Red Mile“ verzückt dann am Ende gar mit herrlich ausuferndem, fast schon Kammerfolk-artigem, fei8n ziselierten, verspieltem Art-Pop. Zorn und Punk sind hier meilenweit entfernt.
Color Green - Fool's Parade (Bertus)
"Fool's Parade" ist eine Meditation über Verlust, Trauer, Verwirrung, Frustration und die Klarheit, zu der alle diese Emotionen führen. Das Quartett aus Kalifornien kleidet dies in einen schon fast meditativen Mahlstrom an psychedelischen Gute-Laune-Melodien, die die Byrds mit den Beach Boys zusammenbringt, das ganze aber ein wenig nach Manchester-Rave oder den Power-Pop der späten Kinks klingen lässt. Dass sich alle Mitglieder das Mikrophon teilen (oder es auch gemeinsam nützen) sorgt für Abwechslung, die Gitarren-Figuren sind verspielt und allerliebst, es weht ein Hauch von Woodstock, aber auch Canterbury über diesen melodieseligen, sehr vintage klingenden Liedern, die die 70er ins Hier & Jetzt transportieren.
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