Oberpfalz
21.06.2024 - 15:32 Uhr

Frisch gepresst: Musiktipps von Hubert Schober

Folk in all seinen Variationen, mal dunkel, mal verspielt, mal jazzverliebt. Tolle Alben von Leyla McCalla, Jean Yves Tola, Kathryn Williams & Withered Hand oder den Red Clay Strays

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

Ibelisse Guardia Ferragutti and Frank Rosaly – MESTIZX (International Anthem)

Ibelisse Guardia Ferragutti and Frank Rosaly – MESTIZX (International Anthem) Bild: Internaqtional Anthem
Ibelisse Guardia Ferragutti and Frank Rosaly – MESTIZX (International Anthem)

Die beiden in Amsterdam lebenden Multimediakünstler und -instrumentalisten besinnen sich auf diesem Album ihrer Wurzeln in Bolivien, Brasilien und Puerto Rico. So wird das Album von einer Fülle an südamerikanischen Musiken wie Bossa-Nova, Bomba, Plena oder Cumbia bestimmt, in die sich dann „westliche“ Einflüsse wie Avant-Jazz, Art-Punk, Chicago Post-Rock, Electronica und Folk mischen. Das hört sich recht rhythmisch an und ist es auch, bisweilen wird man an die Tribal-Gesänge von Indigenen erinnert, andernorts klingt es nach dem coolsten Jazz-Pub um die Ecke, krautige Spielerein a la Amon Düül II inbegriffen.

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John Carpenter, Cody Carpenter & Daniel Davies - Lost Themes 4: Noir (Cargo)

John Carpenter, Cody Carpenter & Daniel Davies - Lost Themes 4: Noir (Cargo) Bild: Cargo
John Carpenter, Cody Carpenter & Daniel Davies - Lost Themes 4: Noir (Cargo)

Vor zirka zehn Jahren veröffentlichte der große Filmregisseur erstmals ein Album ohne Filmmusiken, diese Nummer 4 nimmt sich nun dem Genre des Film Noir an. Mit dabei ist sowohl sein Sohn Cody als auch Patenkind Daniel. Der vom deutschen Expressionismus und poetischen Neorealismus beeinflusste Film Noir entstand in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, und da baute man einen Soundtrack natürlich noch aus düsteren Orchesterklängen zusammen. Düster geht es hier zwar auch zu, nur kommen die Klänge jetzt vorwiegend von einer Armada an Synthesizern und Keyboards, aber auch deftige Hard-Rock-Gitarren prägen das mit wuchtigem Bass und Schlagwerk unterlegte Soundbild.

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The Red Clay Strays - Moment Of Truth (Thirty Tigers)

The Red Clay Strays - Moment Of Truth (Thirty Tigers) Bild: Thirty Tigers
The Red Clay Strays - Moment Of Truth (Thirty Tigers)

Sänger und Gitarrist Brandon Coleman der Kapelle aus Alabama hat das Zeug zum Superstar. Nicht nur dass er gut aussieht, überzeugt er doch mit einer neuen, extrem markanten Stimme, die vielleicht nur mit der von Nathaniel Rateliff verglichen werden kann: staubig, kantig, verlebt, nikotingeschwängert, innbrünstig, soul- und gospelgegerbt. Diese Rock-Songs erfinden beileibe nicht das Rad neu, sie mischen Americana mit Blues und ein wenig Country und Folk, aber die kleinen solistischen Einlagen sitzen, man weiß um Dynamik und Dramaturgie und erkennt vor allem, dass wenig oft einfach mehr ist. Hier wird kein Wall of Sound aufgezogen, diese Lieder sind schön transparent aufgebaut und ja, dann ist da halt auch noch dieser Ausnahme-Sänger …

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Willson Williams - Kathryn Williams & Withered Hand (Bertus)

Willson Williams - Kathryn Williams & Withered Hand (Bertus) Bild: Bertus
Willson Williams - Kathryn Williams & Withered Hand (Bertus)

Die britische Folk-Sängerin Kathryn Williams kennt man ja, immerhin hat sie schon zwölf Alben auf dem Buckel, wurde schon für den Mercury-Preis für das beste Album nominiert, Der Schotte Dan Willson aka Withered Hand ist nicht ganz so bekannt, war aber Teil des Fence Collectives zusammen mit unter anderem King Creosote und James Yorkston und hat in der britischen DIY-Szene bisher auch schon sieben EPs und vier Alben veröffentlicht. Beide sind begeisterte Literaturfands und trafen sich so 2019 auf dem Edinburgh International Book Festival, lernten sich schätzen und fingen an, gemeinsam Songs zu schreiben. Diese waren geprägt von der Trauer um erst kürzlich aus dem Leben gerissene Freunde und Verwandte, was den melancholischen Grundton des Albums erklärt, das sanft-fragile „Our Best“ ist dafür das beste Beispiel. Wie so oft steckt aber auch viel Zuversicht zwischen diesen Zeilen und natürlich auch Melodien, wofür das ansteckend-flotte „Weekend“ oder auch das Cat-Stevens-Cover, „Sing Out“ passende Vertreter sind. Folk-Pop, der vor allem durch die einnehmenden Stimmen der beiden Protagonisten heraussticht.

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Alowan – Feathers (Glitterhouse)

Alowan – Feathers (Glitterhouse) Bild: Glitterhouse
Alowan – Feathers (Glitterhouse)

Keine neue Band, aber ein Projekt eines alten wie geliebten Musikers: Jean Yves Tola war einst zusammen mit David Eugene Edwards Gründungsmitglied der fantastischen Country & Folk-Noir-Band 16 Horsepower, quasi der Folk-Variante der Bad Seeds. Als Gastmusiker:innen treten die fantastische Chantal Acda (mit der er einiger ergreifende Duette singt), Calvin Dover (Dover Brothers), Steve Taylor (ex-16 Horsepower), Theo Hakola (Orchestre Rouge, Passion Fodder) und Felix Alsruhe in Erscheinung. Streicher und Klavier dominieren, natürlich ist auch die vorwiegend akustisch gespielte Gitarre in diesem eindringlichen Moll-Reigen dabei. Schön, wenn es auch, wie im „Guitar Man“, mal ein wenig luftiger, ja fast schon euphorisch zugeht. Ein dunkel schimmerndes Kleinod wie schon die Horsepower-Alben zuvor, Freunde von Lambchop, Wovenhand, Mark Lanegan und Nick Cave werden ihre Freude daran haben.

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