Andrew Combs - Dream Pictures (Stargazer)
Der erste Tack heißt “Fly In My Wine“ und klingt auch genauso: nervig. Hat man die kurzen eineinhalb Minuten überstanden empfängt das Album aber mit warmem Indie-Folk, Americana und einer Brise Pop. Combs singt entspannt und gelassen seine Themen, die Musik bleibt ebenfalls dezent, geht nie über das Midtempo hinaus und darf ganz treffend als „wohltemperiert“ bezeichnet werden. Und wenn dann ein naiver „La-La-La“ Chorus zu Klaviergeklimper, Pedal-Steel-Weinen und Westerngitarre erklingt mag man den Mann einfach nur mehr umarmen. Ein leises Meisterwerk!
Ray LaMontagne - Long Way Home (Thirty Tigers)
Ein reiner Folk-Sänger ist Ray LaMontagne schon lange nicht mehr. Gleich das Eröffnungsstück, „Step Into My Power“ mit den Secret Sisters an den Backing Vocals ist ein klasse Americana-Soul-Rocker, den auch Van Morrison komponiert haben könnte. Die Signatur des großen Iren als auch LaMontagnes Idol, Townes Van Zandt, zieht sich wie ein roter Faden durch dieses hervorragende Album des markanten Troubadours. Und er hat seinen Frieden mit der Welt gemacht, diese Songs strotzen fast vor positiver Energie -und die geht auf den Hörer über.
Sara Decker – Expand (Unit Rec)
Die Köllner Musikerin hat eine rein weibliche Band um sich geschart und das so entstandene Quintett brilliert vor allem an Trompete/Flügelhorn und dem Vibraphon. Und natürlich ist da noch die warm timbrierte Stimme unserer Protagonistin, die mit melodiöser Eleganz leichtfüßig durch Oktaven springt und dabei nicht mal einen wirklichen Text zu singen braucht. Nach eigenen Worten wird sie dabei von Joni Mitchell ebenso inspiriert wie von Becca Stevens, dem Faurés Streichquartetten, FKA Twigs oder Ella Fitzgerald.
Mustafa – Dunya (Jagjaguwar)
Vorsicht! Das ist keine Weltmusik, kein Afro-Pop oder dergleichen. Der sudanesisch-kanadische Singer/Songwriter ist ein waschechter Vertreter dieser Zunft, der z.B. auch für Künstler wie The Weeknd, Camila Cabello oder Justin Bieber schreibt. Es fließen zwar ein paar arabisch oder auch westafrikanisch klingenden Sentenzen in diesen Folk-Pop mit ein, letztendlich ist es aber ein zartes, ja poetisch tief schürfendes Werk geworden, das über religiöser Hingabe bis zu Kindheitstraumata, von Bandengewalt bis zu romantischer Intimität philosophiert und mit dem ergreifenden „Gaza Is Calling“ Klartext spricht.
Laura Nyro – Here My Song (Madfish)
Für Fans der viel zu früh verstorbenen Singer/Songwriter-Ikone wird dieses Weihnachten wahrlich ein Fest. Madfish bringt alle 10 Studio-Alben remastert, 6 Live-Alben plus zwei bis dato unveröffentlichte Konzerte, weiterer Demo- und Live-Versionen, einem 90-Seiten-Büchlein mit einem Vorwort von Elton John unter den Gabentisch. Wer die Musikerin nicht kennt, stelle sich einen Mix aus Joni Mitchell und Tim Buckley, ein Verschmelzen von Folk, Doo-Woop, Jazz, Rhythm & Blues, Pop, Rock, Broadway-Melodien und Oper vor, denn Laura Nyros Stimme kann sich in den höchsten Tonlagen auch noch verdammt wohl fühlen.
Soap & Skin – Torso (PIAS)
Die österreichische Sängerin und Songschreiberin Anja Plaschg hat von Anfang an mit ihrer zärtlichen aber doch kräftigen Stimme begeistert. Immer ein Highlight auf den Platten waren ihre Neuinterpretationen bekannten Liedguts, das sie gerne komplett neu erfand, b.z.w. so umgestaltete, dass es ihr eigener Song wurde. Das macht sie auf dieser Platte z.B. mit „God Yu Tekem Laef Blong Mi“ von Hans Zimmer oder „Born to Lose“ von Shirley Bassey in schon fast schmerzlich-intensiver und vor allem minimalistischer Art. „Torso“ ist nämlich ein reines Cover-Album, bei dem noch Sufjan Stevens, Cat Power, Tom Waits, David Bowie, Janis Ian, The Velvet Underground und die Doors eine Würdigung bekommen. Nico und Jim Morrison wären begeistert gewesen.
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