Oberpfalz
07.03.2025 - 13:44 Uhr

Frisch gepresst: Musiktipps von Hubert Schober

Das Besondere an den australischen Beuteltieren, den Wombats ist, dass ihr Kot eckig ist. Das Besondere an der gleichnamigen Liverpooler Kapelle hingegen ist, dass sie schon wieder ein Must-Have-Album rausgehauen haben -und das ganz rund.

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

Long Tall Jefferson – Old Sun, New Horizon (Mouthwatering Records)

Long Tall Jefferson – Old Sun, New Horizon (Mouthwatering Records) Bild: Mouthwatering Records
Long Tall Jefferson – Old Sun, New Horizon (Mouthwatering Records)

Einen Long John Silver kennen wir, ist er doch eine fiktive Piratengestalt aus dem Roman „Die Schatzinsel“ von Robert Louis Stevenson und auch die West Coast Kapelle Jefferson Airplane benannte ihr 72er Album nach dem kauzigen Holzbeinträger. Dieser Long Tall Jefferson heißt eigentlich Simon Borer und kommt aus der Gegend von Luzern, wo er die Jazzschule besuchte. Vom Schulbesuch ist nichts hängen geblieben, der Singer/Songwriter tummelt sich im weiten Feld des Americana mit besonderer Betonung des (kammermusikalischen) Folk. Warm und weich sind seine Melodien, eine Pedal Steel heult von weitem dazwischen, die Akustikgitarre wird gerne mal fingergepickt, maximales Tempo nehmen Stücke wie „Figure It Out“ auf, da ist man dann im Dire Strait`schen Geschwindigkeitsrausch. Ansonsten spielen die Geschichten des schlaksigen Langhaarträgers in der Liga eines Chris Eckmann oder Bonnie „Prince“ Billy.

Video

Kyles Tolone – Youth (Timezone)

Kyles Tolone – Youth (Timezone) Bild: Timezone
Kyles Tolone – Youth (Timezone)

Die vier Jungs aus Göttingen brauchen sich nicht vor der internationalen Konkurrenz zu verstecken, allerdings haben sie auch die Göttinger nicht neu erfunden. Was auf ihrem dritten Longplayer erklingt ist ein wohlschmeckender Mix aus knackigem Indie-Rock mit tollen Hooks und einer gelungenen Mischung aus Dynamik und Melancholie. Die (Gitarren-)Soli sitzen ohne zu nerven, vor allem Schlagzeuger Daniel Petereit überzeugt durch seine präzise wie druckvolle Arbeit an den Fellen und dann ist da auch noch ein recht prägnanter, zupackender Sänger namens Eric A. Lee, der Balladen, aber vor allem auch die deftigen Rocker zielsicher umzusetzen weiß. Sicherlich auch eine Tolle Live-Band.

Video

Wallners - End Of Circles (Believe)

Wallners - End Of Circles (Believe) Bild: Believe
Wallners - End Of Circles (Believe)

Hat man auch nicht alle Tage: Anna, Laurenz, Nino und Max Wallner sind Geschwister, denen die Musik quasi mit in die Wiege gelegt wurde, hatten die Eltern nicht einen Klavierladen in Wien. Diese Musik ist wie gemacht zu Tagträumen, zum sich treiben lassen, zum loslassen. Bedroom- und Dream-Pop, wie man sie vom Bella Union-Label aber auch von Bands wie Daughter, Rhye oder James Blake her kennt. Alles ist im Fluss, transzendent, watteweich und konturlos. Ein melancholisches Rauschen zum sichversenken. Wallners-Musik ist nicht konkret. Die sinnliche Schönheit des Sounds entsteht im Abstrakten. Und in Gefühlen, wie dem der Nostalgie. Nicht gemeint als konservative Weltsicht, sondern als Konzept einer Sehnsucht nach einer Zeit, in der es eine direktere Verbindung zwischen Leib und Seele, Kopf und Herz gab – oder wieder geben wird. Der wunderschöne Song „Old Fashioned“ vertont dieses Verlangen. Zu einer melancholischen Keyboard-Akkordfolge entwickeln die Vocals erhabene Melodien, bevor sich im zweiten Teil ein Synthesizer einschleicht, der zunächst tastend, am Ende dominierend das Klangbild bestimmt: So ungefähr stellt man sich das Geräusch vor, dass wir hören werden, wenn wir eines Tages in Portalen durch die Zeit reisen werden.

Video

The Lumineers – Automatic (Dualtone Rec)

The Lumineers – Automatic (Dualtone Rec) Bild: Dualtone Rec
The Lumineers – Automatic (Dualtone Rec)

„Das Album erforscht einige der Absurditäten der modernen Welt, wie die zunehmend verschwimmende Grenze zwischen dem, was real ist und was nicht, und die Vielfalt der Möglichkeiten, wie wir uns betäuben, während wir versuchen, sowohl Langeweile als auch Reizüberflutung zu bekämpfen,“ so Lead-Sänger Wesley Schultz. Ob er im Song, „Asshole“ Blond-Locke Trump meint sei dahingestellt, jedenfalls wirft das aktuelle Amerika ja reichlich Stoff ab.

Seit den Debüt von 2012 landete die Kapelle vierundzwanzig Nummer-eins-Hits, Milliarden von Streams, spielte ausverkaufte weltweite Arena-Tourneen, hatte Multi-Platin-Veröffentlichungen und diverse Grammy-Nominierungen. „Automatisch“ sollte dieses Album an diese Erfolge anknüpfen, denn was sich nicht verändert hat ist der Sound der Lumineers, wobei jetzt die nachdenklichen, ruhigeren, auf viel Klavier aufbauenden Stücke deutlicher in den Fokus treten. Aber keine Bange, es hat natürlich auch wieder genügend epische Hymen, die die Kapelle zusammen mit ihren Koproduzenten David Baron und Simone Felice in den Utopia Studios in Woodstock in gerade mal 21 Tagen aufgenommen haben. „Let The Light Come Down On Me“ heißt einer der Refrains. Geht in Ordnung.

Video

The Wombats - Oh! The Ocean (Awal)

The Wombats - Oh! The Ocean (Awal) Bild: Awal
The Wombats - Oh! The Ocean (Awal)

Sänger Murph, der Liverpooler Band lebt inzwischen in L.A. und hat dort unter der Regie von Produzent John Congleton (St Vincent, Wallows, Death Cab for Cutie) das neue Album eingespielt, Es handelt von sozialen Ängsten, innerer Zerrissenheit, zwanghaftem Verhalten und den Dilemmata und Schwierigkeiten des Lebens in Los Angeles. Dass derlei Themen so flott klingen können, das man am liebsten den Pogo tanzen möchte ist auch ein Verdienst dieser Band. Neben den treibenden Power-Pop-Hymen hat es aber auch Nachdenkliches, wie etwa die wunderschöne, halb-akustische Ballade zum Thema „Kate Moss“. Es gibt noch Pet Shop Boys-Pop mit markantem Basswummern auf „Get Punch“, Lightning Seeds-mäßiges auf dem schönen Titel, „My Head Is Not My Friend“, Electro-Pop auf dem nicht minder schöne betitelten Track „I Love America But She Hates Me“. Es hat auch richtigen Rock`n`Roll, ja sogar Blues- und HipHop-artige Sprenkel. Sehr gelungen das Ganze!

Video

Bonnie „Prince“ Billy – The Purple Bird (Domino)

Bonnie „Prince“ Billy – The Purple Bird (Domino) Bild: Domino
Bonnie „Prince“ Billy – The Purple Bird (Domino)

Will Oldham hat in Nashville na was wohl, natürlich ein Country-Album aufgenommen. Das klingt nicht immer so gemütlich und Fidel-froh wie auf „Tonight With The Dogs I Am Sleeping“, ja es kann wie auf dem zunächst recht schunkeligen "Guns Are For Cowards" richtig bösartig werden. Überhaupt „versteckt“ der Künstler seine mal erratischen, mal klar formulierten Botschaften hinter einem beseelt dahinplätscherndem Country-Folk-Gewand mit heulenden Pedal-Steel-Gitarren, besagter Geige, Banjo, Mandoline und Maultrommel. Zum Duett lädt er dieses Mal die Nashville-Ikone John Anderson und Bluegrass-Musiker Tim O`Brian. Seine bis dato wohl zugänglichste, aber eben auch Country-lastigste Produktion, die unter der Regie von David „Ferg“ Ferguson und einer Riege erstklassiger Session-Musiker entstand.

Video

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.