Albert af Ekenstam – Ghost In Us (Welfare Sounds & Recordings)
Den Geist in uns beschwört der schwedische Singer/Songwriter und Post-Rocker auf seinem neuen Album und nützt es für seine kathartischen Übungen um zu sich selbst zu finden. Die wuchtigen, zupackenden Melodien und übergreifenden Gitarren-Sounds kontrastieren mit seinem eher zurückhaltendem, nach innen gekehrtem Gesang. Es gibt aber auch Titel wie der Opener, „Lily“, der sachte und weich auf im Hintergrund zirpenden Gitarren einen atmosphärisch dichten Sound-Teppich aufbaut. Sumie Nagano veredelt mit ihrem warmen Background-Gesang so manches dieser Lieder. In „Echos From The Past“ erklingt ein Vibraphon und auch sonst schmückt der Künstler seine Lieder mit netten Ideen aus. The National-, Bon Iver- und City And Clour-Fans werden hier fündig.
Michigander – Michigander (Thirty Tigers)
Jason Singer ist ein Sänger, Multiinstrumentalist und Produzent der sich nach seinem Heimatstaat benannt hat. Dort lebt der 30-jährige zwar nicht mehr, zusammen mit Butch Walker (Green Day, Weezer, Fall Out Boy) hat er seine neuen Lieder in Nashville aufgenommen. Klingt der Opener, „Broadcast“ noch etwas heimelig nach Ed Sheeran mit Gebläse, geht es danach deutlich stürmischer und euphorischer zu. Die Melodien werden größer, die Gitarre dominanter, emphatisch bleiben sie immer, nur der Druck nimmt ebenfalls zu. Das taugt dann auch für`s Stadion, z.B. im Vorprogramm von Bruce Springsteen, denn Hymnen kann der Schnauzbartträger ebenfalls.
Nilipek. - Uydurdugumuz Oyunlarla (Rumi Records)
Der Name der türkischen, aber in Berlin lebenden Singer/Songwriterin ist ja noch recht leicht auszusprechen, beim Albumtitel wird sich der eine oder andere Geist scheiden. Die Texte sind ebenfalls in türkischer Sprache verfasst, die Musik der Künstlerin ist orientalisch eingefärbter, internationaler Indie-Rock- Pop-Standard mit einem gewissen Hang zum Art-Pop. Es wird hier doch vieles ausprobiert, neben Streichern und Bläsern halten auch eine Oud und diverse exotische Perkussionsinstrumente Einzug. Ihre sanfte, eindringliche Stimme schmiegt sich in jedes, dieser interessanten wie spannenden Arrangements
Denison Witmer - Anything At All (Cargo)
Ach ist das schön! Kein Gender-Wahn, keine Politik, kein Sex und kein Beziehungsfrust. Denison Witmer hat einmal mehr ein Album gemacht, das man sich so schon lange mal von Sufjan Stevens gewünscht hätte. Aber das hat das schlichte Teil ja produziert, auch mitgespielt und es mit ein paar typischen Stevens-Ingredienzien wie Bläsern, Chören und Streichern versehen. Diese Lieder über ein gewöhnliches, häusliches Leben erhalten aber gerade durch ihre Schlichtheit und Ehrlichkeit, ihre Unaufgeregtheit eine erhabene Offenbarung. Themen wie Vogelbeobachtung, Schreinerei, Zimmerpflanzen und Wandern bieten Einblicke in größere, existenzielle Fragen über Leben, Tod, Sinn und Zweck. Ob es darum geht, Uhren zu basteln, Beeren zu sammeln, Bäume zu pflanzen oder die Kinder abends ins Bett zu bringen - diese Lieder zeigen, dass ein Leben, das mit Achtsamkeit und Sorgfalt gelebt wird, zu tiefer Freude und Erfüllung führen kann. Das Album durchzieht ein durchgängiger, sanfter Melodien-Flow, der nie gebrochen wird, einzig das kann man „Anything At All“ vorwerfen.
Jonathan Hultén - Eyes Of The Living Night (KScope)
Hört man das zweite Solo-Werk des Schweden, kann man sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass der Mann mal der Death Metal-Band Tribulation vorgestanden hat. Was wir hier höre, sind schwebende und blubbernde Synthesizer die warme Sound-Teppiche flechten, ein Rhodes-Piano, eine dezent agierende und wandlungsfähige Rhythmusgruppe, akustische Gitarren die auch mal elektronischen „Lärm“ erzeugen und über all diesem, nordisch anmutendem Wohlklang schwebt die fragile Stimme unseres Protagonisten. Wobei: Bei der grandiosen Ballade „Riverflame“ zeigt der Mann, zu was diese Stimme im Grunde fähig ist, nämlich zu Großtaten die vor den größten Shoutern der Rock-Geschichte bestehen kann. Von Metal also keine Spur, hier geben sich Folk, Ambient-Klänge, zarte Electronic-Schnipsel und eher noch die Singer/Songwriter der frühen 70er die Hand.
Helen Ganya - Share Your Care (Bella Union)
Die Künstlerin ist schottisch-thailändischer Abstammung, was bislang wenig ins Gewicht fiel. Jetzt aber ist ihre Oma gestorben, was Anlass zu ein wenig Ahnenforschung gab. Und die fand natürlich auch in Thailand statt. So geistern auf dieser Platte asiatische Sounds und Instrumente durch die üppigen Synthi- und Art-Pop-Weiten, wo Khruangbin experimentieren und frickeln, schwelgt Helen Ganya in diesen exotischen Melodien und klingt dabei ein wenig wie eine asiatische Kate Bush.
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