Oberpfalz
11.04.2025 - 14:15 Uhr

Frisch gepresst: Musiktipps von Hubert Schober

Brachiales von Mogwai, fragiles von Liza Lo und neu definierter Folk von Rose Betts

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

The Devil Makes Three – Spirits (Bertus)

The Devil Makes Three – Spirits (Bertus) Bild: Bertus
The Devil Makes Three – Spirits (Bertus)

Sänger und Songschreiber Pete Bernhard verlor während der Entstehung des Albums seine Mutter, seinen Bruder und einen engen Jugendfreund. Gitarrist und Gründungsmitglied Cooper McBean besiegte seine Drogensucht, und dann stieß auch noch Kontrabassistin MorganEve Swain neu zur Band. Bedeutet Aufbruch, bedeutet aber auch Aufarbeitung, und so beschäftigt sich das Trio mit tiefen, persönlichen Themen wie Trauer, Sterblichkeit und persönlicher Reflektion. Musikalisch geht es dabei zurück zu den Wurzeln, zu bodenständigem Blues und Folk der 60er, der mit Bluegrass, Punk, Ragtime und Rock n Roll aufpoliert und ins Hier & Jetzt übersetzt wird. Von der überschäumenden Live-Qualität der Kapelle kann man sich im Juli im Backstage zu München überzeugen.

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The New Mourning - Songs of Confusion (Nose Appeal Rec)

The New Mourning - Songs of Confusion (Nose Appeal Rec) Bild: Nose Appeal Rec
The New Mourning - Songs of Confusion (Nose Appeal Rec)

Die vier Musiker aus Österreich werden mit ihrem zweiten Wurf sicherlich nicht die Charts erobern, dazu ist diese Platte (es gibt nur Vinyl!) einfach zu eigen und auch zu gut um dem Massengeschmack gerecht zu werden. Diese Songs und Melodien gehen zurück bis in die späten 60er, wo allerorts Kapellen aus den Löchern krochen um den eigenen, Signatur-Sound zu finden. In der 80ern widerholte sich das dann unter dem Begriff des Indie-Rock. The New Mourning sind deshalb keine eklektischen Epigonen, sie verkörpern aber diese sympathisch-sture Haltung an die eigenen Fähigkeiten zu glauben und keine Kompromisse zu machen. Analog (was sonst!) eingespielt, laden diese acht neuen Lieder zu einem intensiven, abwechslungsreichen Hörerlebnis mit viel Dynamik und auch ein wenig Dramatik zwischen kantigem Post- und Indie-Rock. Klingt ein wenig wie Sonic Youth ohne Lärm oder wie ein R.E.M. Demo vor deren Debüt-LP. Debüt. Sehr schön auch das klar strukturierte Cover-Artwork.

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Liza Lo – Familiar (Gearbox Rec)

Liza Lo – Familiar (Gearbox Rec) Bild: Gearbox Rec
Liza Lo – Familiar (Gearbox Rec)

Da scheint die Plattenfirma ja große Erwartungen in die junge holländische Singer/Songwriterin zu setzen, wurde mit Jon Kelly (Kate Bush, Paul McCarthy) doch gleich ein hochkarätiger Produzent für das Debüt engagiert. Der platzierte Künstlerin und Band zusammen im Studio (ist inzwischen eher ungewöhnlich), um den ganz besonderen Moment, die Chemie des Zusammenspiels einzufangen. Ist gelungen, die Scheibe klingt sehr organisch und wie aus einem Guss. Passt auch gut zu den Geschichten aus dem alltäglichen Leben, der Sinnsuche nach dem Platz in der Welt, über Verlust, Verlassen und die vielen Verwicklungen menschlicher Interaktion, die die Protagonistin mit sanft gehauchter Stimme zu viel akustischem Instrumentarium -Klavier, Gitarre, Congas, Double Bass, etc- nebst ein paar Streichern vorträgt. Das klingt ein wenig nach dem warmen Laurel Canyon-Sound aus den 70ern und sollte z.B. Laura Nyro-Fans gefallen.

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Mogwai - The Bad Fire (PIAS)

Mogwai - The Bad Fire (PIAS) Bild: PIAS
Mogwai - The Bad Fire (PIAS)

Die Post-Rock-Institution aus Glasgow schaffte es mit dem letzten Album gar auf Platz 1 der Charts. Hört man sich das neue Opus an (das nicht ganz so anders als die vorhergehenden zehn Werke klingt), grenzt dies an ein Wunder. In Deutschland würde es dieser zähe Mahlstrom aus Gitarren und ein paar Synthi-Schlieren nicht einmal in die Top 1.000 schaffen. Da hilft es auch nichts, dass Stuart Braithwaite dieses Mal sogar ein paar dadaistische aber teils verständliche Gesänge beisteuert, punkten tun Mogwai weiterhin durch die kraftvolle, dynamische Mischung zwischen zarten und brachialen Sound-Wänden, die dann so putzige Titel wie „If You Find This World Bad, You Should See Some Of The Others“ oder „Fanzine Made Of Flesh“ tragen.

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Bob Mould – Here We Go Crazy (Cargo)

Bob Mould – Here We Go Crazy (Cargo) Bild: Cargo
Bob Mould – Here We Go Crazy (Cargo)

War ja in letzter Zeit eher etwas ruhig um den Hüsker Dü-Berserker geworden, so dass man den 60-jährigen schon in der Rente gewähnt hatte. Nix da! „Here We Go Crazy“ poltert kraftstrotzend und zornig wie eh und je, ja Mould klingt sogar noch etwas fokussierter und erspart sich und dem Hörer jegliches Herumgeklimper. Diese kurzen, knackigen Lieder sind auf den Punkt gebracht, eine Art Ur-Rock`n`Roll, simpel aber überzeugend aus Gitarre, Bass, Schlagwerk und dem etwas bellendem Gesang Moulds gestrickt.

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Rose Betts - There Is No Ship (Nettwerk)

Rose Betts - There Is No Ship (Nettwerk) Bild: Nettwerk
Rose Betts - There Is No Ship (Nettwerk)

Die in L.A. lebende englische Singer/Songwriterin blickt zurück auf ihr Leben und vor allem die alte Heimat und bündelt dies in nostalgisches Songwriting. Diese Geschichten berühren durch ihre Offenheit und Ehrlichkeit. Steht die traditionelle keltische Folk-Musik zwar Pate, kann Betts als deren Erneurerin bezeichnet werden. Sie verpflanzt den Folk in eine Art Art-Pop-Kosmos so dass dieser ganz unverstaubt und State-Of-Art klingt. Lieder wie „Alderidge Creek“ oder „Save Me a Seat „sind da Ausnahmen, die die Folk-Fahne mit Fidel oder Flöte noch hochhalten, ansonsten ist Betts eine überzeugte Grenzgängerin und Innovatorin.

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