Annie Bloch – I Depend (Papercup Recods)
Die in Köln lebende Multiinstrumentalistin und Arrangeurin hat in Irland Musik studiert, nachdem sie schon in jungen Jahren Klavier, Geige, Kirchenorgel und ein paar andere Instrumente mehr zu beherrschen gelernt hatte. Spielte sich das einst noch eher in klassischen Gefilden ab, kam dann der Jazz und auch der Folk hinzu. Jetzt hat experimentierfreudige Künstlerin ein kleines Orchester um sich versammelt und tobt sich zwischen den bereits benannten Polen aus. Ihre persönlichen, intimen und poetischen Texte, die sie mit sanftem Impetus vorträgt passen hervorragend zu diesen fragil angerichteten, mal kammermusikalisch, mal avantgardistisch arrangierten Folk-Oden zwischen Fiona Apple, dem Penguin Cafe Orchestra und Karen Mantler.
Perfume Genius – Glory (Matador)
Mike Hadreas aka Perfume Genius hat sein siebtes Studioalbum zusammen mit seinem Lebens-Partner und Keyboarder Alan Wyffels und dem Produzent Blake Mills eingespielt. Unterstützt wird er von einer hochkarätigen Kapelle, der u.a. auch Jim Keltner angehört, auf dem Song ”No Front Teeth“ ist außerdem die Singer-Songwriterin Aldous Harding zu hören. Hadreas beschäftig sich in seinen Texten mit dem eigenen Körper und seinem Verfall, mit Häuslichkeit und Liebe und der Unausweichlichkeit der eigenen Geschichte und seinen erlittenen Verletzungen. Dabei ist ”Glory“ aber von einem neuen Standpunkt aus geschrieben, von jenseits der Kämpfe, wo man sich mit dem Geschehen auseinandersetzen, zugleich aber lernen muss, an diesem stillen, noch nicht kartierten Ort zu leben -und das alles aus Sicht eines queeren Menschen. So komplex die Themen, so vielschichtig dieser fein ziselierte Mix aus Kammer-Folk, Pop und betulichem Indie-Rock. In Schönheit sterben.
Lea Maria Fries – Cleo ( Broken Silence)
Die schweizer Chanteuse singt ihre selbstbewussten Lieder über Wachstum, Veränderung und weibliche Stärke in Englisch, Französisch, Deutsch und Schweizerdeutsch mit variabler Stimme, die vom sanften Gurren über akrobatische Einlagen bis zum Soul reicht. Wer dabei an Beth Gibbons oder Alice Phoebe Lou denkt, liegt nicht ganz falsch, die Fries ist aber noch wandlungsfähiger. Das ist ihre Musik auch bei der eine spannende Fusion aus afro-amerikanischer Musik, modernem Jazz, Elementen des experimentellen Rocks und verwirrenden elektronischen Spielereien gelingt.
Jeffrey Lewis - The EVEN MORE Freewheelin' Jeffrey Lewis (Cargo)
Ziemlich jeder der zumindest über 50 ist kennt das ikonische Bob Dylan-Cover Artwork "The Freewheelin..." von 1963. Spaßvogel Lewis hat die beiden Protagonisten ausgezogen und präsentiert diese noch „freilaufender“ als damals Her Bobness. Und auch in Punkto verknödelter Stimme steht der Nachgeborene dem Altvorderen in nichts nach, diese intelligenten Song-Skizzen mit Wortwitz und kulturpolitischen Querverweisen tun es auch, nur musikalisch öffnet sich der Mann und würzt seinen urbanen Anti-Folk auch mal mit ein paar flotten Indie-Rock- und Rock`n`Roll-Zitaten.
Color The Night – Queer Rage (Las Vegas Records)
Jeder Song auf „Queer Rage“ erzählt eine Geschichte von Identität, Akzeptanz und Liebe. Die Texte behandeln die Herausforderungen und Erlebnisse der LGBTQIA+ Community, wobei sie sowohl persönliche Erfahrungen als auch universelle Themen wie Gleichberechtigung und Widerstand ansprechen. Color the Night gibt in ihrer Musik den Stimmen derer Raum, die oft nicht gehört werden, und regt dazu an, gesellschaftliche Normen zu hinterfragen. Dabei ist das Alb um recht tanzbar, verbindet das Sextett Elemente aus Post-Wave, Indie-Rock, Alt-Pop und Disco zu einem flotten Mix für durchtanzte Nächte.
Paul Thorn - Life Is Just A Vapor (Thirty Tigers)
„Tough Times Don’t Last“ eröffnet das Album des ex-Boxers -und klingt erstmal nach Gary Glitter. Aber nur ein paar Takte, dann mischen sich Bläser und Orgel ein und gestalten den Song zu einem kraftvollen Blues-Rocker. Der Blues und Southern-Rock bestimmen auch die weiteren zehn Songs, Schlenker Richtung Soul und Folk inklusive, dieses hemdsärmeligen Singer/Songwriter-Albums. Thorn singt mit wettergegerbter Stimme als wäre er bereits 80 seine Allerweltsgesichtern und versucht dabei seinem Idol John Prine so nahe wie möglich zu kommen, wobei „Wait“ selige Erinnerungen an G-Love & Special Sauce assoziiert. Bodenständig und angenehm unaufregend.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.