Neil Young and Crazy Horse - Fu##in' Up (Warner)
Ein Live-Mitschnitt von Neil Young mit Crazy Horse aus dem Rivoli in Toronto im November 2023, nicht mit der üblichen Best-of-Auswahl, sondernd mit Liedern aus der „Ragged Glory“-Phase. Billy Talbot (Bass, Gesang), Ralph Molina (Schlagzeug, Gesang), Micah Nelson (Gitarre, Gesang, Klavier), Nils Lofgren (Gitarre, Gesang, Klavier) und natürlich Neil Young (Gitarre, Gesang, Mundharmonika) rackern ordentlich und servieren einen Sound in bester zerschossener Crazy-Horse-Manier. Rock 'n' Roll ohne Gefangene.
Ride – Interplay (PIAS)
Ende der 80er wären Ride fast eine ganz große Nummer geworden, doch dann wurde die Band aus Oxford von Oasis & Co. überrollt, Ihr Gitarrist Andy Bell verdingte sich dann gar für viele Jahre bei den Gallaghers als Lohnarbeiter. Inhaltlich behandelt das Album klassische Ride-Themen wie Eskapismus, Träume und die Unzufriedenheit mit dem modernen Leben mit einem Gefühl der Unverwüstlichkeit und Ausdauer, das sich aus der Trennung und der anschließenden Neuformierung ergibt. Musikalisch gelingt bis auf den unnötigen und nervenden Lärm-Eskapismus in „Light In A Quiet Room“ viel. Es hat kraftstrotzende Indie-Rock-Hymnen mit einem Wall Of Sound, Shoegaze-Turteleien, New-Wave-Reminiszenzen, psychedelische Appetithappen und am Ende sogar einen Flirt mit Electro-Pop. Kann so weitergehen.
Hana Vu – Romanticism (Cargo)
Die als Wunderkind des Indie-Pop gepriesene Künstlerin aus L. A besingt auf ihrer neuen Platte das „Aufsaugen von Traurigkeit“. Es ist ein Coming-of-Age-Album, das alle Zutaten hat, die man hier erwartet. Auch musikalisch reicht die Palette von kraftvoll schwelgenden Indie-Rock-Hymnen über kecke Pop-Songs, fast schon Synthie-Pop bis zur betulichen Ballade mit Akustikgitarren. Sonderlich romantisch geht es jedenfalls – wie auch auf dem sehr gelungenen Cover Artwork – nicht zu.
Harmless - Springs Eternal (Nettwerk)
Nacho Cano heißt der Künstler hinter diesem „harmlosen“ Projekt. Und in der Tat tut der inzwischen in L.A. lebende Mexikaner mit seiner Symbiose aus College-, Sophisticated- & Lounge-Pop keinem wirklich weh. Spurenelemente von Soul, R 'n' B und Folk, abgerundet durch eine Prise Psychedelia und im grandios-schlurfenden Falsett vorgetragen erschaffen ein leicht somnambules Sound-Bild von träger Schönheit.
Julia Holter – Something In The Room She Moves (Domino)
Die kalifornische Sound-Künstlerin und -Forscherin ist weiterhin schwer zu fassen. Über diesen „Songs“, die eben keine Songs im üblichen Strophe-Refrain-Muster sind, sondernd transzendente, luzide Klangwolken, thront ein intellektueller Überbau, der angenehm unangestrengt ist und keinerlei Björk`sche Manierismen und Verkopftheiten aufweist. Wenn schon Vergleiche, dann steht Holter hier Kate Bushs „The Dreaming“ oder Joanna Newsoms „Ys“ weit näher, wobei diese Arrangements mit Flöten und weiteren Bläsern sehr nahe am Jazz gebaut sind, was wiederum die Grand Dame Joni Mitchell und ihre „Hissing Of The Sumer Laws“ assoziiert. Manchmal, wie auf der stillen Betrachtung „Materia“, scheint die Zeit stillzustehen, „Spinning“ scheint dagegen ein Metronom eingepflanzt bekommen zu haben. Ambient-Art-Pop greift hier als Begriff zu kurz, es ist einzigartige Julia-Holter-Musik, die zu einer Klangreise der Sinne einlädt.
Katrin Achinger & The Flight Crew - Get On Board (About Us Rec)
Wenn Großmütter noch solche Musik machen, ist die Erde nicht verloren. Katrin Achinger ist sogar zweifache, Anfang der 80er gründete sie mal mit Matthias Arfmann die kultig verehrten Kastrierten Philosophen. Aha! Deren düsterer, melancholischer, experimenteller Indie-Art-Rock war zumindest in der deutschen Rock-Landschaft einzigartig, international könnte man Vergleiche mit dem Gun Club, Nick Cave und den These Immortal Souls heranziehen. Als solistisch musizierende Grandma, umgeben von der 3. Flight-Crew-Besatzung, wird dieser Stil weiterhin gepflegt, die Inhalte haben sich geändert. Liebesleid und Drogen sind Geschichte, mit über 60 besinnt man sich des Lebens und der z.B. wiedergewonnen Freiheit nach der Aufzucht der Nachkommen. Achingers Stimme klang schon immer irgendwie alt, jetzt klingt sie auch noch reif. Lucinda Williams hat ein ähnlich markantes und kraftvolles Organ. Musikalisch spielt Krischa Weber am Cello eine wichtige Rolle, Ex-Partner Arfmann ist als Keyboarder und Gitarrist zu Gast.
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