Kat Eaton – Honestly (Bertus)
Eine kleine Frau aus Sheffield mit einer riesen Stimme. Nicht ganz so markant wie die des berühmtesten Sheffieldianer, Joe Cocker, aber immer noch wuchtig genug, um die Welt zu erobern. Dazu ist auch der druckvolle Mix aus Soul, R`n`B, Blues und Rock angetan, den die Singer/Songwriterin mit beseelten Gospel-Chören und spritzigen Bläsersätzen zu unterfüttern weiß. Honestly, das ist ein Versprechen.
Nubiyan Twist – Find Your Flame (Strut)
Die neunköpfige Band ist zwar noch keine Big-Band, klingt aber fast so voluminös. Früher wäre diese Art von Musik, ein Mix aus Jazz, Hip-Hop, Afrobeat, Latin, Soul, Reggae und Pop, auf dem Acid-Jazz-Label erschienen und jeder hätte gewusst, wie der Hase läuft. Die neue Leadsängerin Aziza Jaye singt butterweich, Disco- und Funk-Legende Nile Rodgers veredelt „Lights Out“ mit seinem signifikanten Gitarrenspiel, die Bläser beeindrucken mit ihren Solis. Rundum gelungen.
Douglas Dare – Omni (Erased Tapes)
Wer`s mag: Dieses Album “klingt maximal queer: verführerisch und sexy, lüstern und vollkommen frei vom Korsett binärer Kategorien“, so das Presseinfo. „Es kommen sogar Matrosen vor, noch queerer geht´s nicht“, ergänzt der Künstler selbst. Das Klavier und auch alle anderen akustischen Instrumente hat er hinter sich gelassen, diverse Synthesizer und Rhythmusmaschinen geben den digitalen Ton an, klingt es doch mal nach ein paar Streichern oder Bläsern, stammen auch diese aus der digitalen Welt. Disco-Sounds, Electro-Pop, softer Industrial aber auch ein wenig Avantgarde- und Art-Pop fügen sich hier zu einem coolen Sound-Amalgam zusammen, der in Verbindung mit der hohen, dringlichen Stimme Aufmerksamkeit fordert.
Arab Strap – I'm Totally Fine With It Don't Give A Fuck Anymore (PIAS)
Warum Aidan Moffat und Malcolm Middleton inzwischen auf dem Label der Post-Rocker von Mogwai veröffentlichen, macht gleich der brachiale Rock des Openers „Allatonceness“ klar. „Bliss“ fährt dann mit drängendem Gesang, Synthesizern, Drum-Computern und stoischen Rhythmen in gewohntem Fahrwasser, der „Sociometer Blues“ danach ist natürlich kein Blues, dafür ein wütender Pop-Song mit verschachtelten Rhythmen, E-Gitarre und einem Klavier. Das Album befasst sich mit vielen dringenden, aktuellen Themen wie Verschwörungstheorien, Online-Sucht und den vergessenen Seelen unseres scheinbar vernetzten Planeten – und da kann, ja muss man eben schon mal wütend werden.
RHODES – un-finished (Nettwerk)
Sein Duett mit Birdy, „Let It All Go”, zählte eine Viertelmilliarden Streams. Hat auch nicht jeder. Auf dem neuen Album findet man zwar kein prestigeträchtiges Duett mehr, dafür jede Menge herzzerreißend-melancholischer Ohrwurm-Balladen, die einen James Blunt alt aussehen lassen, obgleich sie das gleiche Klientel bedienen. Diese Musik – gespickt von wirbelnden Synthesizern, zärtlich gespielten Akustik-Gitarren, Klavierklängen und Harmonien – bilden die Leinwand, auf der er mit breiten, abstrakten Pinselstrichen malt. Dennoch schneiden sie tief und rufen längst vergessene Erinnerungen an Kindheit, Tagträume, verborgene Ängste und Unsicherheiten hervor.
The Jesus and Mary Chain – Glasgow Eyes (Cooking Vinyl)
Die Reid-Brüder sind inzwischen auch schon über 60, leise, oder wie man so schön sagt, weise, sind die Jungs nicht geworden. Das neue Album hätte auch das erste sein können, man poltert weiterhin humorig und spitzzüngig drauf los, dreht den gute alten Rock`n`Roll durch den Noise-, Industrial- oder auch mal Shoegaze-Reißwolf, besingt einen gewissen Lou Reid, die Beatles und die Eagles (um eigentlich die Stones zu meinen), klaut ein wenig Kraftwerk-Stoizismus oder borgt sich Suicide-Wut aus. Drogenkonsum ist auch ein beliebtes Thema dieser Platte, wird aber eher in der Rückschau betrachtet, man ist halt – wir hatten es schon – über 60.
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