Endlich geht es los. Ich setze mich hinter das Steuer meines Autos und fahre Richtung Süden. Wie fühlt sich eigentlich Urlaub an? Diese Frage geht mir durch den Kopf. Die Antwort weiß ich nicht mehr. Seit mittlerweile sechs Jahren habe ich Deutschland nicht mehr verlassen. Amberg oder Freiburg waren wegen Studium und Arbeit die einzigen Orte, an denen ich mich länger aufgehalten habe. Wirklich gefehlt hat mir ein klassischer Urlaub in dieser Zeit nie – dachte ich zumindest.
Der Regen prasselt auf die Frontscheibe, während ich mich durch den zähen Verkehr auf der Autobahn schlängele. Ziel ist das Kaisergebirge in Österreich. Zusammen mit fünf Freunden verbringe ich eine Woche auf einer Hütte mit Blick über das Inntal. Gute Laune habe ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Eigentlich wollte ich mit dem Motorrad anreisen und einen Pass nach dem nächsten abfahren. Diesen Plan musste ich wegen des Wetters verwerfen. Im Bereich der Raststätte Irschenberg staut es sich.
Erst kurz vor der Abfahrt packte ich meinen Koffer. Ohne groß nachzudenken, warf ich T-Shirts, Hosen und Unterwäsche hinein. Nach mehreren Stunden Autofahrt fällt mir auf: Ich habe den Führerschein gar nicht dabei. Der steckt wie immer in einem Fach meiner Arbeitstasche. Kurz vor dem Grenzübergang folgt der nächste Schock. Mein Personalausweis liegt irgendwo in meiner Wohnung. Ich habe ein ungutes Gefühl, als ich mich in die Autoschlange einreihe. Glücklicherweise finden an diesem Tag keine Kontrollen statt.
Ein schmaler Waldweg führt den Berg zur Hütte hinauf. Auf beiden Seiten schauen Kühe dabei zu, wie mein Auto im ersten Gang über den Schotter ruckelt. Oben angekommen hat sich die Anreise gelohnt. Die nächsten Tage verbringen meine Freunde und ich auf mehr als 1000 Metern mit direktem Blick auf das Kaisergebirge. Außer Essen, schlafen und im Whirlpool sitzen habe ich im Urlaub wenig unternommen. Und das war genau, was ich gebraucht habe: keine Termine, kein Haushalt, keine Verpflichtungen. Zu Hause ist das auch an freien Tagen unmöglich.
Nun nehme ich mir fest vor, jedes Jahr einmal in den Urlaub zu fahren. Wo es als Nächstes hingeht, ist noch völlig offen. Fest steht allerdings, dass ich den Inhalt meines Koffers besser planen muss. Denn meine Gesundheitskarte hatte ich in Österreich auch nicht dabei.
OTon
Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen.
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