Italien vor Regierungsbildung: Populisten küren Conte zum Premier

21.05.2018 - 19:32 Uhr

Die Geburt war schwer, aber auch danach wird es nicht leichter: Die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega haben sich auf einen Premier geeinigt. Italiens riskantes populistisches Experiment kann beginnen - wenn der Präsident zustimmt.

Luigi Di Maio, Parteivorsitzende der Fünf-Sterne-Bewegung (links), mit dem Juristen Giuseppe Conte, der neuen Regierungschef werden soll. Archivbild: Alessandra Tarantino/dpa

Rom. Der Politik-Neuling Giuseppe Conte soll neuer italienischer Ministerpräsident an der Spitze einer Koalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und rechtspopulistischer Lega werden. Die beiden europakritischen Parteien schlugen ihren Kandidaten am Montag Staatspräsident Sergio Mattarella vor. Das schrieb Sterne-Chef Luigi Di Maio am Abend auf dem Blog seiner Bewegung. Mattarella muss Conte nun den Auftrag geben, die neue Regierung zusammenzustellen.

Conte ist ein neues Gesicht in der Politik. Der 54-Jährige ist Universitätsprofessor in Florenz und Rom. Der Jurist sitzt nicht im Parlament, gehört aber zum Kreis der Fünf-Sterne-Bewegung. Mit der Partei kam er erstmals vor vier Jahren in Kontakt. Er lobt sie als "wunderbares, unglaubliches, politisches Labor"", weil sie auch unabhängige Personenmit einbeziehe. Di Maio und Salvini hatten beide Premier werden wollen, einigten sich schließlich aber auf eine dritte Person. Mit Conte können offenbar beide Parteien leben.

Die Regierungsbildung wird in Deutschland und anderswo in der EU mit Sorge gesehen. Im Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass die Interessen Italiens künftig im Mittelpunkt stehen sollen. Auch wollen die Sterne und die Lega die europäischen Verträge mit Blick auf Staatsverschuldung und Haushaltsdefizit "neu diskutieren". Geplant sind eine Abkehr vom Sparkurs und milliardenschwere Vorhaben wie die Einführung eines Grundeinkommens und die Senkung des Rentenalters. Italien gehört weltweit zu den Ländern mit der höchsten Staatsverschuldung. Auch weitere außenpolitische Themen wie der Wunsch nach Lockerung der Sanktionen für Russland werden für Zündstoff sorgen.

Die Sterne hatten bei der Wahl am 4. März mit 32 Prozent als stärkste Partei gewonnen. Die Partei von Gründer und Ex-Komiker Beppe Grillo steht für den Kampf gegen das Establishment und lässt sich weder rechts noch links verorten. Die Lega hingegegen hat sich unter ihrem Chef Matteo Salvini von einer Partei des Nordens, die die Abspaltung vom armen Süden verfolgte, zu einer fremdenfeindlichen nationalen Bewegung entwickelt. Vor allem in der Flüchtlingskrise hat sie stark hinzugewonnen und hat im Koalitionsvertrag eine harte Hand gegen Migranten festgeschrieben.

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