Regensburg
28.10.2019 - 16:00 Uhr

Drogenhandel in Arkadien

Baseballschläger, Koks und Knarren - in einer Barockoper? Johannes Pölzgutters Inszenierung von Vivaldis "La fida ninfa" am Theater Regensburg beeindruckt durch Kurzweil. Das Premierenpublikum ist begeistert.

Die auf die Insel Naxos Entführten in der Phantasiewelt "Arkadien": Licori (Anna Pisareva), Osmino (Onur Abaci), Elpina (Vera Semieniuk), Narete (Brent L. Damkier) und Morasto (Sara-Maria Saalmann). Bild: Jochen Quast
Die auf die Insel Naxos Entführten in der Phantasiewelt "Arkadien": Licori (Anna Pisareva), Osmino (Onur Abaci), Elpina (Vera Semieniuk), Narete (Brent L. Damkier) und Morasto (Sara-Maria Saalmann).

Barockopern führen in den heutigen Theatern und Opernhäusern ein Mauerblümchendasein. Das liegt größtenteils daran, dass die Intendanten Angst haben, die zahlreichen Da-Capo-Arien in diesen Werken könnten beim Publikum gewisse Ermüdungserscheinungen auslösen. Diese Angst ist nicht unbegründet, denn wenn sich ein Regieteam da nicht innovative Bewegungsabläufe und Hintergrundhandlungen einfallen lässt, zieht sich eine Aufführung schnell in die Länge.

Kriminelles Milieu

Wie man eine Barockoper auch für das heutige Publikum unterhaltsam gestalten kann, zeigt Johannes Pölzgutters Inszenierung von Antonio Vivaldis "La fida ninfa" am Theater Regensburg. Das Entscheidende daran ist nicht, dass Pölzgutter und sein Team in Form von Bühnenbildner Manuel Kolip und Kostümbildnerin Janina Ammon die Handlung in ein kriminelles Millieu der Jetztzeit, inklusive Baseballschläger, Kokain-Handel und moderne Knarren verlegen, sondern, dass während der zahlreichen Wiederholungen der Da-Capo-Arien im Hintergrund einiges passiert. So laufen oft kleine von der Regie ausgedachte Szenen und Geschichten während der Arien ab und unterhalten das Publikum. Interessant ist, dass nicht selten auch die jeweiligen Protagonisten, welche ihre Arie gerade singen, in diese Bewegungsabläufe geschickt mit eingebunden werden. Auch die unaufdringliche, aber effektive Videokunst von Manuel Kolip bereichert das Geschehen.

Fantasiewelt "Arkadien"

Zu den vielen kreativen und unterhaltsamen Ideen gehört auch das an die Schwarz-Weiß-Jugendstilkunst erinnernde Bühnenbild der Fantasiewelt "Arkadien", in welchem Schafe ihre Kiefer beim Fressen bewegen und schon auch mal eine Blume zu einem Akkord des Cembalos aus dem Boden schießt.

Vielfältige Produktion

Dirigent Tom Woods und sein extra für diese Barockoper engagierter Gast-Konzertmeister Johannes Heim tragen ebenfalls zur Vielfalt der Produktion bei. So lassen sie die Begleitung bei den Secco-Rezitativen in den Duetten - je nach Bühnenakteur - abwechselnd von einem Cembalo oder einer Erzlaute ausführen, was die Klangfarbenpalette spürbar bereichert. Insgesamt wird deutlich, dass sich das Orchester mit den barocken Strukturen beschäftigt hat.

Selbiges gilt auch für die Bühnenakteure. Alle Rollen sind treffend besetzt. Anna Pisareva als Licori, Vera Semieniuk als Elpina, Sara-Maria Saalmann in der Hosenrolle als Morasto und der Sopranist Onur Abaci als Osmino beeindrucken durch Ausdruck und eine saubere Intonation bis in die Koloraturen. Aber auch Brent L. Damkier als Narete, Johannes Mooser als Oralto, Maria-Magdalena Fleck als Giunone und Selcuk Hakan Tirasoglu als Gott Aiolos tragen wesentlich zum positiven Gesamteindruck der Produktion bei.

Das Publikum war am Samstagabend bei der Premiere im Theater am Bismarckplatz sichtlich angetan und spendete zurecht langen und intensiven Applaus.

 
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