Druck und Demütigung

Regensburg
27.11.2019 - 18:17 Uhr

Im zweiten Wolbergs-Prozess haben am Mittwoch die Zeugenbefragungen begonnen. Der Leiter des Regensburger Bauordnungsamts erklärte, warum er die Baugenehmigung für eine umstrittene Logistikhalle nicht erteilen wollte.

Joachim Wolbergs, suspendierter Regensburger Oberbürgermeister, sitzt im Verhandlungssaal im Landgericht Regensburg.

Es war eine besondere Situation: Im Juni 2016 waren die Ermittlungen gegen Wolbergs im Zusammenhang mit auffälligen Wahlkampfspenden bekannt geworden. Zur gleichen Zeit wurde politisch intensiv der Bau einer Logistikhalle der Brüder Ferdinand und Martin Schmack, beide Immobilienunternehmer, im Stadtosten diskutiert. Während die Stadtverwaltung Bedenken gegen den Bau hatte, stand die Politik dem Vorhaben überwiegend positiv entgegen. „In der Verwaltung gab es die einhellige Meinung, dass die Halle im Außenbereich ohne einen Bebauungsplan nicht genehmigungsfähig ist“, sagte der Amtsleiter vor Gericht.

Ein Bebauungsplan sei zwar bereits in der Ära Schaidinger in Aussicht gestellt worden, dann aber über Jahre nicht verwirklicht worden. Die bunte Koalition unter Führung der SPD, aber auch die CSU hätten sich dafür ausgesprochen, dass die Halle schnell und wenn nötig auch ohne Bebauungsplan kommt – aus Gründen der Wirtschaftsförderung. Wolbergs unterschrieb die Genehmigung schließlich im September 2016 – wohlwissend, dass die Staatsanwaltschaft die Vorgänge genau beobachtet.

Die Schmack-Brüder waren indes keineswegs zufrieden mit der erteilten Baugenehmigung, wie Michael Haizmann, Verteidiger von Ferdinand Schmack ausführte. Sie beinhaltete nämlich die Auflage, das Dach zu begrünen – wofür die Statik des Hauses nicht ausgelegt war. Die Schmacks klagten vor dem Verwaltungsgericht gegen die Genehmigung. Für Haizmann stellt das ein klares Indiz gegen eine mögliche Unrechtsvereinbarung zwischen Wolbergs und den Schmack-Brüdern dar. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Wolbergs gegen Wahlkampfspenden in Höhe von insgesamt 80 000 Euro auf positive Entscheidungen der Stadtverwaltung für die Schmack-Firmen hinwirken sollte. Haizmann wies die Vorwürfe „aufs Schärfste“ zurück. Die Schmack-Firmen hätten auch an die CSU in ähnlicher Höhe gespendet, betonte er. Zudem sei es unter Wolbergs als OB immer wieder zu streitigen Auseinandersetzungen zwischen den Schmack-Firmen und der Stadt gekommen. Von einer Bevorzugung könne also keine Rede sein.

Über die Spendenabwicklung im OB-Wahlkampf 2014 gab Wolbergs‘ frühere Wahlkampfbüroleiterin Auskunft. Sie betonte, dass alle Spenden korrekt verbucht worden seien. Von den höheren SPD-Gliederungen seien bis Anfang 2016 nie Beanstandungen gekommen. Auch dann sei es lediglich um ein nicht rechtzeitig zurückgezahltes Darlehen gegangen, das Wolbergs dem SPD-Ortsverein gewährt hatte, um noch offene Wahlkampfrechnungen zu begleichen. Nichts gewusst habe sie von einer Agenturrechnung über 35 000 Euro, die das Immobilienzentrum für den Ortsverein übernahm. Wolbergs hatte die Annahme dieser Sachspende in seiner Einlassung als einzigen Fehler in diesem Verfahren bezeichnet. Für die Büroleiterin war die Zeugenaussage bereits die neunte Vernehmung. Sie klagte, vor allem unter den Befragungen der leitenden Kripobeamten gelitten zu haben. Sie sei angeschrien worden und unter Druck gesetzt worden. Eine Dienstaufsichtsbeschwerde sei aber zurückgewiesen worden.

Die Atmosphäre zwischen der Staatsanwaltschaft und Wolbergs war auch am Mittwoch wieder eisig bis giftig. Als es um die Frage ging, ob Wolbergs vor 2014 als dritter Bürgermeister mit beschränkten Befugnissen überhaupt für Korruptionsdelikte infrage kam, setzte Oberstaatsanwalt Jürgen Kastenmeier eine Spitze gegen die sechste Wirtschaftsstrafkammer, vor der der erste Prozess verhandelt wurde: Die Vorsitzende Richterin Elke Escher habe während des Verfahrens ihre Rechtsauffassung um 180 Grad gewendet, sagte Kastenmeier.

Während im Eröffnungsbeschluss noch die Rede davon gewesen sei, dass ein Korruptionsdelikt durchaus möglich sei, habe die Richterin im Urteil verkündet, dass die Spenden aus Wolbergs‘ Amtszeit als dritter Bürgermeister nicht zu Vorteilsannahmen führen konnten, weil Wolbergs mit Belangen der Bauwirtschaft damals nicht befasst war. Kastenmeier kritisierte, dass Escher während des Prozesses keinen Hinweis gegeben habe, dass sich die Auffassung des Gerichts zu diesem Thema geändert hatte. Das erzürnte wiederum Wolbergs. „Die Staatsanwaltschaft führt einen Krieg gegen die sechste Kammer, weil sie von ihr gedemütigt wurde“, meinte er.

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