Regensburg
20.11.2019 - 14:40 Uhr

Es gilt das geheuchelte Wort

Tartuffe ist ein Künstler der Verführung und Verstellung: Er ist Heuchler, Erfinder von alternativen Fakten und absurden Verschwörungstheorien. Der perfekte Protagonist also für die Welt von Trump, Johnson und Co.

Der leichtgläubige Orgon (Gerhard Hermann) und seine Familie (Ensemble). Bild:  Martin Sigmund.
Der leichtgläubige Orgon (Gerhard Hermann) und seine Familie (Ensemble).

Am 12. Mai des Jahres 1664 wurde Molières Komödie "Tartuffe" in einer ersten Version unter dem Titel "Der Tartuffe oder der Heuchler" im Beisein des Sonnenkönigs im Schloss Versailles uraufgeführt. Die damalige Version löste aufgrund ihrer drastischen und für die damalige Zeit revolutionären Kritik an religiösem Heuchlertum einen Theaterskandal aus, der zum Verbot des Stücks führte.

Auch eine zweite Fassung von 1667 wurde verboten. Erst eine im Handlungsverlauf deutlich geänderte dritte Fassung, die am 5. Februar 1669 im Palais Royal in Paris uraufgeführt wurde, erhielt die Unterstützung Ludwigs des XIV. und entging somit der königlichen Zensur. Diese dritte Fassung ist die heute geläufige, während die ersten beiden als verschollen gelten.

Minimalistisches Bühnenbild

Dennoch lässt auch diese letzte Version den Konflikt des Autors mit den Mächtigen des französischen Barockzeitalters erahnen. Und so war und ist "Tartuffe" bis heute eine Komödie mit aktuellem Bezug, denn das Stück handelt schließlich von Manipulation, "alternativen Fakten" und Verschwörungstheorien. Das sind Themen, die wir in der Wirtschaft, Macht, Politik und den Medien sowie in den kleinen Kreisen jeder Gesellschaftsschicht auch heute noch wiederfinden.

Diese Aktualität stellt der Regisseur Peter Wittenberg mit seinem Ausstatter-Team, bestehend aus Sascha Gross und Monika Staykova, am Theater Regensburg anschaulich heraus. Dafür sorgt nicht zuletzt das minimalistische Bühnenbild, das lediglich aus einer sich in die Tiefe der Bühne erhöhenden schiefen Ebene besteht. Kostüme mit einem Touch Humor und ein barock anmutender Sessel sowie ganz wenige Requisiten komplettieren das Bild.

Damit liegt der Blick frei auf das Wesentliche, und das sind hier nun mal der Text und die Charaktere der Figuren. Die Bewegungsabläufe hat Wittenberg gut durchdacht. Nicht selten überraschen in Bezug auf Gestik und Phrasierung der Sprache kleine Gags, die sich in die Metrik des gereimten Textes unauffällig aber effektiv einfügen.

Kein Happy-End

Die Tatsache, dass der Regisseur dem Publikum in seiner Inszenierung das Happy-End vorenthält, dürfte wohl für ein paar Diskussionen sorgen. Allerdings macht Wittenberg mit den an den Anfang und ans Ende gestellten, extra von Bernhard Mooshammer komponierten Songs "So sad" nachdrücklich deutlich, was seine Intension ist - nämlich, dass hier die Macht des Bösen gewinnt, als Warnung vor den "Fake News" unserer Tage.

Alle zehn Bühnenakteure agieren in dieser Produktion auf schauspielerisch hohem und ausdrucksstarkem Niveau. Besonders großen Eindruck durch ihre Präsenz hinterlassen - natürlich auch bedingt durch die Anlage ihrer Rollen - Gerhard Hermann als Orgon, Jonas Hackmann als Tartuffe, Inga Behring als Dorine, Michael Haake als Cléante und Silke Heise als Elmire. Das Publikum spendete zur Premiere im Theater am Bismarckplatz zu recht intensiven Schlussapplaus.

Info:

Weitere Termine

„Tartuffe“ am Theater Regensburg: Nächste Vorstellungen am 23. November um 19.30 Uhr, am 1., 8., 11., 14., 18. und 27. Dezember jeweils um 19.30 Uhr. Karten gibt es auch online:

www.theater-regensburg.de

 
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