Angeblich hat sich der Komponist Emmerich Kálmán 1927 bei einem Besuch in den Vereinigten Staaten von Amerika zu seiner Operette "Die Herzogin von Chicago" inspirieren lassen. Am 5. April 1928 wurde das Stück dann im Theater an der Wien uraufgeführt und 372 Mal gespielt. Danach blieb es jahrzehntelang vergessen, bis schließlich 1997 die "Lubo Opera Company" es in New York konzertant aufführte und die Musiktheater-Gesellschaft "Light Opera Works" ein Jahr später in Evanston im US-Bundestaat Illinois szenisch auf die Bühne brachte.
Etwas antiquiert
Allerdings war dieses lange Mauerblümchen-Dasein des Werks in den letzten Jahrzehnten nicht ganz unberechtigt. Denn der von Kálmán und seinen Librettisten Julius Brammer und Alfred Grünwald in dieser Operette behandelte "Clash of culture" zwischen Wiener Romantik und ungarischem Csárdás auf der einen und amerikanischem Charleston auf der anderen Seite wirkt heutzutage schon etwas antiquiert. Hier und da überschreitet das Werk auch die Grenze zum läppischen Kitsch. Da muss sich die Regie schon etwas einfallen lassen, um dieses Werk für das heutige Publikum unterhaltsam zu gestalten. Regisseur Aron Stiehl, der am Theater in der letzten Spielzeit bereits Eduard Künnekes "Vetter aus Dingsda" recht amüsant inszenierte, lässt sich auch dieses Mal wieder einiges einfallen, um den Unterhaltungswert zu steigern.
Eine Portion Fake News
So verbreitet Michael Heuberger im Theater am Bismarckplatz schon vor dem Beginn der eigentlichen Aufführung - als Intendant Jens Neundorff von Enzberg zurecht gemacht - vor dem Vorhang eine gehörige Portion Fake News über angeblich erkrankte Darsteller. In seiner Rolle als Benjamin Lloyd bricht dann die Person Donald Trump inklusive Publikumsbeschimpfungen wie "You are fired" völlig durch. Stiehl lässt Lloyds Privatsekretär im tirolerischen Akzent des öfteren Mal "Jesus, Joseph and Mary" fluchen und überhaupt amüsiert das Ganze durch Slapstick-Einlagen und Anspielungen. Dietlind Konold schafft dazu die passende Ausstattung und Tamás Mester eine revueartige Choreographie.
So entsteht ein amüsantes Spektakel mit viel neuem Text, das aber nicht immer über die schwächen des Werks hinwegtäuschen kann. Wer die leichte Unterhaltung mit einer gehörigen Portion Comedy sucht, kommt hier auf seine Kosten.
Das liegt auch an den treffend besetzten Rollen. Denn Mark Adler als Erbprinz Sandor, Sinéad Campell-Wallace als Mary Lloyd, Sara-Maria Saalmann als Prinzessin Rosemarie, Matthias Störmer als James Bondy sowie aller anderen Bühnanakteure beeindrucken durch ihre gesanglichen beziehungsweise schauspielerischen Leistungen und durch Bühnenpräsenz. Das gilt auch für den von Alistair Lilley einstudierten Chor. Das Orchester zeigt unter Leitung von Generalmusikdirektor Chin-Chao Lin Gespür für die stilistischen Ausprägungen der zwischen Csárdás und Jazz wandelnden Partitur.
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