Vor zwei Wochen hatte der frühere Stadtbau-Geschäftsführer Joachim Becker den suspendierten OB Joachim Wolbergs (SPD) mit seiner Zeugenaussage belastet. Er hatte erklärt, Wolbergs habe Druck auf ihn ausgeübt, damit Franz W. den Posten des technischen Leiters bei der Stadtbau GmbH erhielt. W. war zuvor Mitarbeiter des Bauträgers Volker Tretzel. Sowohl W. als auch Tretzel gehören zu den vier Beschuldigten im Wolbergs-Prozess. Es geht um Vorteilsannahme beziehungsweise Vorteilsgewährung und Verstöße gegen das Parteiengesetz.
Teil der Anklage ist die Stadtbau-Stellenbesetzung nicht. Die Staatsanwaltschaft hatte die Vernehmung der Zeugen Becker und Tahedl vielmehr beantragt, um die Glaubwürdigkeit von Wolbergs zu prüfen. Der suspendierte OB hatte es in der Vergangenheit von sich gewiesen, die Postenbesetzung beeinflusst zu haben. Becker hatte in seinen polizeilichen Vernehmungen das Gegenteil behauptet – und war vor Gericht dabei geblieben.
Stadtrat Tahedl, Mitglied im Aufsichtsrat und im beschließenden Ausschuss der Stadtbau, gab nun an, dass Becker mehrmals zu ihm gesagt habe, dass Wolbergs unbedingt W. als technischen Leiter haben wolle. Es habe sich um drei kurze Gespräche am Rande von verschiedenen Sitzungen gehandelt, sagte Tahedl. Woher Becker wissen wollte, dass Wolbergs für W. war, konnte Tahedl nicht sagen. Er habe nicht weiter nachgefragt.
Er selbst habe nach der Vorstellung der drei verbliebenen Kandidaten eine andere Favoritin gehabt, gab Tahedl an. Vor allem die soziale Ausrichtung der Bewerberin habe ihn überzeugt. Es sei auch einmal Thema gewesen, dass W. über kein Studium wie die anderen zwei Bewerberinnen verfügte, sagte Tahedl auf Nachfrage. Wolbergs habe sich aber in dem Sinne geäußert, dass man auch ohne einen solchen Abschluss aufsteigen könne. W. habe schließlich über langjährige Berufserfahrung verfügt.
Nachdem sich unter den Aufsichtsräten im beschließenden Ausschuss ein Patt abzeichnete – Tahedl und Becker wollten die Bewerberin, Wolbergs und SPD-Stadtrat Norbert Hartl wollten W. –, habe Wolbergs als Aufsichtsratsvorsitzender eine Verschiebung der Entscheidung angeboten. Für ihn überraschend habe Geschäftsführer Becker dann aber doch gleich W. für die Position des technischen Leiters vorgeschlagen. Tahedl sprach von einem „taktischen Vorschlag“. Beckers Position als Geschäftsführer wäre wohl geschwächt worden, wenn seine favorisierte Kandidatin abgelehnt worden wäre. Er selbst habe letztlich auch für W. gestimmt, weil er eine einstimmige Entscheidung als wichtiges Signal an die Stadtbau-Belegschaft verstand, sagte Tahedl.
Die Verhandlung wird am Donnerstag nächster Woche fortgesetzt. Dann steht ein Antrag von Volker Tretzels Anwälten auf dem Programm.



















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