Barenboim (76) ist ein Phänomen: Seit über 60 Jahren ist er im internationalen Musikleben an führender Stelle präsent: Als Pianist, Orchester- und Operndirigent, Generalmusikdirektor (Berliner Staatsoper unter den Linden), als Anwalt neuer Musik, Gründer des „East-Eastern Divan Orchestra“, als Förderer talentierter junger Musiker. Darüberhinaus bezieht er gesellschaftspolitisch als „Friedensbotschafter“ erfreulich klare Positionen.
Unter seinen unübersehbaren Einspielungen finden sich auch alle Klaviersonaten Beethovens. Für Regensburg hat er aus jeder der drei Schaffensperioden des Komponisten zumindest eine ausgewählt.
Barenboim-Klavier
Er musiziert sie auf einem nach seinen Vorgaben konstruierten modernen Flügel, bei dem alle Saiten parallel in Blickrichtung des Spielers verlaufen. Erst seit etwa 1860 ist eine Kreuzung von Bass- und Tenorlage üblich. Das samtig singende Klavier mit seinem tragenden Diskant profiliert sich in der Tat durch seine Bassregister, die auch einmal überraschend knurrig und kernig klingen können. Die stilistische Heimat dieses Instruments ist die Spätromantik, gerade bei polyphonen Stellen wie der abschließenden Fuge in der A-Dur-Sonate op. 101 verlieren die Stimmen bei komplexen Passagen manchmal an Deutlichkeit.
Offensichtlich inspiriert der Flügel zu einem spätromantisch geprägten Beethoven-Interpretationsstil. Barenboim nutzt jede Gelegenheit zu sanglicher Stimmführung, liebt den wattig-weichen Ton. Wie aus dem Helikopter überblickt er die Dimensionen der Sonaten, führt dramaturgische Regie, geleitet mit sicherer Hand durch das Wechselbad der Affekte. Er scheint die Musik in seinem „Inneren Ohr“ abzurufen und ohne viel Aufwand zu den Fingern durchzustellen.
B&B: Bewährte Partnerschaft
Er will und braucht niemandem zu demonstrieren, was er (noch) am Klavier kann, viel mehr zeigt er, was Beethoven konnte, und dies mit magischer Suggestion, mit der Kraft innerer Ruhe.
Im einleitenden Grave der Sonate Pathetique c-Moll op. 13 Leid, nicht Wehleidigkeit. Im Adagio feierlich-zuversichtlicher Ernst. Improvisatorisch frei, mit blühender Phantasie und delikater Pianissimo-Kultur die Variationen der Sonate As-Dur op. 26. Wie eine Vision am Horizont der „Trauermarsch auf den Tod eines Heroen“. In seidigem Gewand mit hervor blitzendem Humor die einfacher gestrickte G-Dur-Sonate op. 79. Mit elegant-federnd entschärftem Marschschritt das Vivace alla Marcia in der A-Dur-Sonate op. 101. Leider fehlen im Programm die Satzbezeichnungen. Hochachtungsvoller Jubel, keine Zugabe.
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